Tagungsmarkt der Zukunft
Hier geht es zu den folgenden Abschnitten:
Für Deutschland haben Geschäftsreisebranche und Tagungsmarkt einen enormen Stellenwert. Seit Jahren liegt die Kongress- und Tagungsdestination Deutschland im europäischen Vergleich an der Spitze, weltweit finden lediglich in den USA mehr MICE-Veranstaltungen statt als hier. Knapp drei Millionen Veranstaltungen mit über 400 Millionen Teilnehmenden waren es etwa 2018/2019 innerhalb eines Jahres in Deutschland, wie aus dem Meeting- & Event-Barometer 2018/19 hervorgeht. Gerade auch für Nordrhein-Westfalen spielt der Tagungsmarkt eine bedeutende Rolle. Etwa ein Drittel der Gäste waren vor der Corona-Pandemie Geschäftsreisende.
Um auch in Zukunft ganz oben mitzuspielen, ist es nötig, sich auf veränderte Ansprüche der Tagungsteilnehmenden einzustellen. So gehört etwa heute, anders als noch vor zehn Jahren, schnelles Internet bzw. WLAN zum Standard, ohne den es in den meisten Fällen kaum möglich sein wird, sich am Markt zu behaupten (Ausnahme siehe Digital Detox). Was sich ebenfalls ändert, ist der Platzbedarf. Zwar werden auch große Konferenzsäle nach wie vor gesucht. Zunehmend sind aber auch kleinere, flexible Raumeinheiten gefragt, um auch die Arbeit in kleineren Gruppen zu ermöglichen, wie sie etwa bei Barcamps, aber durchaus auch bei Arbeitsgruppen während eines großen Kongresses, üblich ist. Eine Entwicklung, die im Freizeitbereich schon länger zu beobachten ist, schlägt sich zudem inzwischen auch auf den Tagungsmarkt nieder: Erlebnisse und Außergewöhnliches sind gefragt. Ein trister Konferenzraum kann da nicht mithalten.
Erfolgreicher Wissenserwerb
Was sich nicht geändert hat und wohl auch in Zukunft im Mittelpunkt stehen dürfte, ist der Wunsch der Teilnehmenden nach Wissenserwerb. Das Forschungsprojekt „Future Meeting Space“, an dem auch Tourismus NRW phasenweise beteiligt war, kommt zu dem Ergebnis, dass das Erlangen von Wissen nicht nur der größte Motivationsfaktor für den Besuch einer Veranstaltung ist, er beeinflusse auch am stärksten, ob Teilnehmende mit dem Besuch der Veranstaltung zufrieden waren. Durch die Einbindung interaktiver Formate in die Veranstaltung können Veranstaltende die Vermittlung von Wissen und damit die Zufriedenheit der Teilnehmenden unterstützen. Denn durch das gemeinsame Erarbeiten von Ergebnissen werden Inhalte nachhaltiger vermittelt und erinnert – auch das ein Ergebnis des Forschungsprojekts. Besondere visuelle oder haptische Erfahrungen wie das Beschreiben von Wänden oder das Darstellen von Ergebnissen mithilfe von Knetmasse helfen ebenfalls bei der Vermittlung von Wissen.
Ein weiteres Ergebnis des Forschungsprojekts ist die Erkenntnis, dass innovative Veranstaltungsformate eine höhere Zufriedenheit bei den Teilnehmenden fördern. Dies umfasst sowohl den sinnvollen Einsatz digitaler Medien und neuer Technik als auch neue, besonders interaktive Formate. Diese Erkenntnis kann Tourismus NRW auch aus eigenen Praxiserfahrungen bestätigen. Unter anderem hat der Verband in der Vergangenheit mit Barcamps und Worldcafés experimentiert.
Der Forschungsverbund „Future Meeting Space“ leitet aus seinen Untersuchungen zudem eine wichtige Handlungsempfehlung ab: Es sollte nicht auf Technik verzichtet werden, weil davon ausgegangen wird, dass weniger Technikaffine unter den Teilnehmenden sein könnten. Vielmehr sollte in solchen Fällen eine niederschwellige Hilfestellung bei der Nutzung der Technik angeboten werden.
Disruption und Netzwerken
Um erfolgreich zu sein und positiv im Gedächtnis zu bleiben, sollten Veranstaltungen ihre Teilnehmenden auch überraschen beziehungsweise tiefgreifend beeinflussen und im besten Fall sogar zu Verhaltensänderungen führen. Das Forschungsprojekt spricht in seiner Ergebnisstudie in dem Zusammenhang von Disruption und kommt zu dem Ergebnis, dass der Grad des Disruption darüber entscheidet, wie dauerhaft sich Teilnehmende an eine Veranstaltung erinnern. Dabei dürfte die Wahrscheinlichkeit, eine Veranstaltung weiterzuempfehlen, bei positiven und dauerhaften Erinnerungen steigen.
Eine weitere interessante Erkenntnis des „Future Meeting Space“-Projekts betrifft das Thema Netzwerken, das für viele Veranstaltungsbesuchende nach wie vor eine hohe Wichtigkeit besitzt: Die Länge der Veranstaltung hat demnach keinen Einfluss auf erfolgreiches Netzwerken. Wesentlich wichtiger sei es, Teilnehmende bei der Vernetzung zu unterstützen (siehe auch Trend Netzwerken). Dies gelte insbesondere für zurückhaltendere Teilnehmende. Auch der Einsatz neuer Technologien könne dabei helfen, Diskussionen zwischen den Anwesenden anzuregen.