Tagungsmarkt der Zukunft

Für Deutschland haben Geschäftsreisebranche und Tagungsmarkt einen enormen Stellenwert. Seit Jahren liegt die Kongress- und Tagungsdestination Deutschland im europäischen Vergleich an der Spitze, weltweit finden lediglich in den USA mehr MICE-Veranstaltungen statt als hier. Knapp drei Millionen Veranstaltungen mit über 400 Millionen Teilnehmenden waren es etwa 2018/2019 innerhalb eines Jahres in Deutschland, wie aus dem Meeting- & Event-Barometer 2018/19 hervorgeht. Gerade auch für Nordrhein-Westfalen spielt der Tagungsmarkt eine bedeutende Rolle. Etwa ein Drittel der Gäste waren vor der Corona-Pandemie Geschäftsreisende.

Um auch in Zukunft ganz oben mitzuspielen, ist es nötig, sich auf veränderte Ansprüche der Tagungsteilnehmenden einzustellen. So gehört etwa heute, anders als noch vor zehn Jahren, schnelles Internet bzw. WLAN zum Standard, ohne den es in den meisten Fällen kaum möglich sein wird, sich am Markt zu behaupten (Ausnahme siehe Digital Detox). Was sich ebenfalls ändert, ist der Platzbedarf. Zwar werden auch große Konferenzsäle nach wie vor gesucht. Zunehmend sind aber auch kleinere, flexible Raumeinheiten gefragt, um auch die Arbeit in kleineren Gruppen zu ermöglichen, wie sie etwa bei Barcamps, aber durchaus auch bei Arbeitsgruppen während eines großen Kongresses, üblich ist. Eine Entwicklung, die im Freizeitbereich schon länger zu beobachten ist, schlägt sich zudem inzwischen auch auf den Tagungsmarkt nieder: Erlebnisse und Außergewöhnliches sind gefragt. Ein trister Konferenzraum kann da nicht mithalten.

Erfolgreicher Wissenserwerb

Was sich nicht geändert hat und wohl auch in Zukunft im Mittelpunkt stehen dürfte, ist der Wunsch der Teilnehmenden nach Wissenserwerb. Das Forschungsprojekt  „Future Meeting Space“, an dem auch Tourismus NRW phasenweise beteiligt war, kommt zu dem Ergebnis, dass das Erlangen von Wissen nicht nur der größte Motivationsfaktor für den Besuch einer Veranstaltung ist, er beeinflusse auch am stärksten, ob Teilnehmende mit dem Besuch der Veranstaltung zufrieden waren. Durch die Einbindung interaktiver Formate in die Veranstaltung können Veranstaltende die Vermittlung von Wissen und damit die Zufriedenheit der Teilnehmenden unterstützen. Denn durch das gemeinsame Erarbeiten von Ergebnissen werden Inhalte nachhaltiger vermittelt und erinnert – auch das ein Ergebnis des Forschungsprojekts. Besondere visuelle oder haptische Erfahrungen wie das Beschreiben von Wänden oder das Darstellen von Ergebnissen mithilfe von Knetmasse helfen ebenfalls bei der Vermittlung von Wissen.

Ein weiteres Ergebnis des Forschungsprojekts ist die Erkenntnis, dass innovative Veranstaltungsformate eine höhere Zufriedenheit bei den Teilnehmenden fördern. Dies umfasst sowohl den sinnvollen Einsatz digitaler Medien und neuer Technik als auch neue, besonders interaktive Formate. Diese Erkenntnis kann Tourismus NRW auch aus eigenen Praxiserfahrungen bestätigen. Unter anderem hat der Verband in der Vergangenheit mit Barcamps und Worldcafés experimentiert.

Der Forschungsverbund „Future Meeting Space“ leitet aus seinen Untersuchungen zudem eine wichtige Handlungsempfehlung ab: Es sollte nicht auf Technik verzichtet werden, weil davon ausgegangen wird, dass weniger Technikaffine unter den Teilnehmenden sein könnten. Vielmehr sollte in solchen Fällen eine niederschwellige Hilfestellung bei der Nutzung der Technik angeboten werden.

Disruption und Netzwerken

Um erfolgreich zu sein und positiv im Gedächtnis zu bleiben, sollten Veranstaltungen ihre Teilnehmenden auch überraschen beziehungsweise tiefgreifend beeinflussen und im besten Fall sogar zu Verhaltensänderungen führen. Das Forschungsprojekt spricht in seiner Ergebnisstudie in dem Zusammenhang von Disruption und kommt zu dem Ergebnis, dass der Grad des Disruption darüber entscheidet, wie dauerhaft sich Teilnehmende an eine Veranstaltung erinnern. Dabei dürfte die Wahrscheinlichkeit, eine Veranstaltung weiterzuempfehlen, bei positiven und dauerhaften Erinnerungen steigen.

Eine weitere interessante Erkenntnis des „Future Meeting Space“-Projekts betrifft das Thema Netzwerken, das für viele Veranstaltungsbesuchende nach wie vor eine hohe Wichtigkeit besitzt: Die Länge der Veranstaltung hat demnach keinen Einfluss auf erfolgreiches Netzwerken. Wesentlich wichtiger sei es, Teilnehmende bei der Vernetzung zu unterstützen (siehe auch Trend Netzwerken). Dies gelte insbesondere für zurückhaltendere Teilnehmende. Auch der Einsatz neuer Technologien könne dabei helfen, Diskussionen zwischen den Anwesenden anzuregen.

Sessel stehen im Eingangsbereich zum Saal New York im World Conference Center Bonn
© Tourismus NRW e.V./Johannes Höhn

Die elf wichtigsten Trends für den Tagungsmarkt der Zukunft

Das Forschungsprojekt „Future Meeting Space“, hat untersucht, welche Trends und Anforderungen den Tagungsmarkt in den kommenden Jahren prägen werden. Die wichtigsten Erkenntnisse im Überblick:

Netzwerken

Das Positive für Tagungshotels und andere -locations vorab: Trotz zahlreicher neuer virtueller Austauschmöglichkeiten ist nicht davon auszugehen, dass es in absehbarer Zukunft keine Präsenzveranstaltungen mehr geben wird. Zu den zentralen Erkenntnissen des Forschungsprojekts gehört die Tatsache, dass persönliche Kontakte nach wie vor geschätzt werden. Netzwerken ist für Tagungsteilnehmende nach Wissensvermittlung und der Inspiration durch neue Ideen der wichtigste Grund, eine Tagung zu besuchen. 

Was bedeutet das für Anbieter?

Während der Veranstaltung sollte es genügend Raum zum Netzwerken geben. Dies kann durch den Einsatz neuer interaktiver Veranstaltungsformate (siehe Trend Interaktion) sogar parallel zur Wissensvermittlung geschehen, da Teilnehmende hierbei automatisch ins Gespräch kommen. Auch einfache Platzwechsel der Anwesenden, die fester Bestandteil der Veranstaltung sind, können helfen. Zusätzlich kann Technik unterstützen, etwa eine Matching-App, in der Teilnehmende vorab ihre thematischen Interessen angeben und so in der Pause passende Gesprächspartner:innen finden können.    

Interaktion

Auch in Zukunft wird es sicherlich weiterhin Frontalvorträge geben und je nach Veranstaltungsziel kann dies durchaus auch sinnvoll sein. Daneben haben sich in den vergangenen Jahren jedoch zahlreiche neue Tagungsformate wie Barcamps, Worldcafés oder Fishbowls entwickelt, die die Teilnehmenden zu Akteur:innen werden lassen. Kern der neuen Formate ist der Austausch. Neues Wissen wird dabei nicht nur passiv konsumiert, die Beteiligten setzen sich vielmehr aktiv mit einer Frage, einer neuen Technik oder auch einem Konzept auseinander und bringen unterschiedliche Meinungen und Aspekte ein. Das Barcamp geht dabei sogar so weit, dass es kein Tagungsthema vorgibt. Stattdessen erstellen die Teilnehmenden ihre eigene Agenda mit Themen, die sie gegenwärtig interessieren. Dadurch können auch sehr aktuelle Fragestellungen behandelt werden.  

Was bedeutet das für Anbieter?

Insbesondere ändern sich die Ansprüche an Räumlichkeiten. Gerade bei Barcamps oder Worldcafés sind mehrere kleinere Räume von Vorteil, da in Kleingruppen diskutiert wird. Ein größerer Raum, der für das Klären des Tagesablaufs, einen Impulsvortrag oder eine Feedbackrunde genutzt werden kann, ist in den meisten Fällen jedoch ebenfalls wichtig. Steht nur ein großer Raum zur Verfügung, sollte zumindest dafür gesorgt werden, dass sich die einzelnen Gruppen gut verteilen, um sich in Ruhe unterhalten zu können. Auch flexibles Mobiliar, das sich die Teilnehmenden gegebenenfalls schnell selbst für ihre Ansprüche zusammenschieben und während der Veranstaltung verändern können, ist sinnvoll. Um den kreativen Austausch zu fördern, ist zudem ein anregendes Umfeld nötig. Allein schon ein wenig knallige Farbe, ein Fleckchen im Grünen oder gemütliche Sessel statt Bürostühle können Wunder bewirken. 

Individualisierung

Teilnehmende möchten immer stärker in eine Veranstaltung eingebunden werden. Geschätzt wird daher auch die Möglichkeit, sich sein eigenes Programm zusammenzustellen. Dies ist beispielsweise bei Barcamps, aber auch bei großen Konferenzen der Fall, bei denen mehrere Vorträge oder Workshops gleichzeitig stattfinden und sich so jeder das Passende heraussuchen kann.

Was bedeutet das für Anbieter? 

Wo es möglich ist, sollten individuelle Angebote gemacht werden. Sinnvoll kann es auch sein, bereits vor der Veranstaltungsplanung Interessen bei potenziellen Teilnehmenden abzufragen, um so die Themen zu identifizieren, die aktuell gefragt sind. Interaktive Tagungsformate bieten zudem allen Teilnehmenden die Möglichkeit, sich vor Ort einzubringen und gegebenenfalls sogar selbst zum Moderator oder zur Initiatorin zu werden wie etwa auf einem Barcamp.

Erlebnis-Charakter

Wie in anderen Lebensbereichen wird auch in der Tagungsbranche der Erlebnis-Charakter immer wichtiger. Ausgefallenes, Überraschendes ist gefragt und das sowohl mit Blick auf die Tagungslocation als auch auf das Tagungsangebot beziehungsweise –format oder den Einsatz neuer Technik. Gerade bei großen Konferenzen ist eine regelrechte Festivalisierung zu beobachten wie die Beispiele weiter unten zeigen. Der Übergang zwischen Arbeit und Freizeit scheint dabei zu verschwimmen. 

Was bedeutet das für Anbieter?

Besondere Erlebnisse helfen dabei, dass Teilnehmende die Veranstaltung in Erinnerung behalten und auch gerne darüber berichten, ob im persönlichen Umfeld oder in den sozialen Medien. Unterstützend wirken kann dabei das Schaffen interessanter Fotomotive (Stichwort: Instagramability), die gerne in sozialen Medien geteilt werden und damit für kostenloses Marketing sorgen. 
Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt, wenn es darum geht, den Erlebnischarakter einer Veranstaltung zu steigern, wobei es natürlich sinnvoll ist, das Tagungsthema beziehungsweise –ziel aufzugreifen und mit besonderen Einfällen zu unterstützen. So kann beispielsweise auch das Essen aktiver Teil der Tagung werden, etwa wenn es um die Digitalisierung geht und das Essen aus dem 3D-Drucker kommt. Teuer muss das Erlebnis nicht zwangsläufig werden. Oft machen schon kleine Dinge wie eine ausgesprochene Wohlfühlatmosphäre oder ein besonders gelungener Service, der über das Übliche hinausgeht, den Unterschied.   

Digitalisierung

Digitale Services werden von vielen Tagungsteilnehmenden inzwischen vorausgesetzt. Gleichzeitig bieten sie für Anbieter neue Möglichkeiten und teilweise auch Erleichterungen. Verbreitet sind unter anderem Apps zur Interaktion während der Tagung, etwa für Live-Abstimmungen, Fragen an den Referenten oder auch sogenannte Matching-Apps.

Was bedeutet das für Anbieter? 

Für Veranstalter ergeben sich viele neue Möglichkeiten durch die Digitalisierung. So kann etwa das Teilnehmer:innen-Management digital abgewickelt oder durch Facebook- oder LinkedIn-Gruppen die Kommunikation rund um die Veranstaltung aufrechterhalten werden. Außerdem lassen sich auch externe Referierende bei Bedarf virtuell zuschalten oder sogar als Hologramm wirklichkeitstreu in einen Raum projizieren. Die Gruppe der Teilnehmenden kann ebenfalls durch externes Zuschalten vergrößert werden. Virtual- und Augmented-Reality-Anwendungen erlauben es zudem, andere Orte oder große Produkte zu zeigen, deren Transport ansonsten zu aufwendig wäre. 
Für Locations bedeutet die Digitalisierung zunächst einmal, dass ein starkes WLAN bis auf Ausnahmefälle zu den absoluten Grundvoraussetzungen gehört. Denn nur so können sich etwa Teilnehmende digital einbringen oder Externe zugeschaltet werden. Auch die Ansprüche an die übrige technische Ausstattung sind in den vergangenen Jahren gewachsen und werden es sicherlich weiter tun. 
Allgemein gilt, dass trotz aller digitalen Möglichkeiten die analogen Bedürfnisse der Teilnehmenden nicht in Vergessenheit geraten dürfen. Dazu gehören etwa eine angenehme Atmosphäre, ansprechende Räumlichkeiten und ein guter Service. 

Hybride Veranstaltungen

Hybdride Veranstaltungen sind erst durch die Digitalisierung möglich geworden. Sie bieten den Teilnehmenden die Vorteile einer Präsenzveranstaltung mit persönlichen Kontakten, zugleich aber auch die Möglichkeit, virtuell teilzunehmen. Dies kann sinnvoll sein, wenn der Aufwand der Anreise als zu groß eingeschätzt wird oder eine Anreise etwa durch ungünstige Wetterbedingungen gänzlich unmöglich ist. Dank Live-Stream können Teilnehmende auch von außerhalb des Veranstaltungsortes die Tagung verfolgen und zugleich per Live-Chat oder App Fragen stellen oder sich an Abstimmungen beteiligen. Nebenbei wird durch den Verzicht auf die Reise auch die Umwelt geschont.

Was bedeutet das für Anbieter?

Den gleichen Anforderungen, die sich durch die zunehmende Digitalisierung ergeben, sehen sich Anbieter auch bei hybriden Veranstaltungen gegenüber. In jedem Fall müssen sie hier für ausgezeichnete Internetverbindungen sorgen, um eine hybride Veranstaltung zu ermöglichen.

Zusammengefasst bedeuten die Ergebnisse des Forschungsprojekts „Future Meeting Space“, dass 08/15-Angebote kaum noch jemanden locken. Flexibilität ist gefragt, zum einen was das eigene Raum- und Möblierungsangebot betrifft, zum anderen aber auch, was das Eingehen auf die Wünsche der Kund:innen angeht. Bei den Wünschen ganz oben stehen das Erlebnis sowie die Interaktion und der Austausch. Eine gute bis sehr gute technische Ausstattung wird bei den meisten Veranstaltungen vorausgesetzt.

Neben den Erkenntnissen aus dem Forschungsprojekt „Future Meeting Space“, die sich insbesondere auf die Gestaltung einer Veranstaltung beziehen, gibt es noch einige weitere Trends, die für den Geschäftsreisemarkt von Bedeutung sind:

Internationalisierung

Angesichts der Globalisierung wächst die Welt natürlich auch auf dem Tagungsmarkt zusammen. Ein internationales Publikum ist auf vielen Veranstaltungen selbstverständlich und in Zukunft dürfte dies – nicht zuletzt dank hybrider Veranstaltungen – noch weiter zunehmen.

Was bedeutet das für Anbieter?

Unter anderem müssen Angebote, die auch auf dem internationalen Markt sichtbar sein sollen, zwangläufig mindestens auf Englisch, gegebenenfalls zusätzlich auch in der Heimatsprache einer starken Zielgruppe zur Verfügung stehen, etwa in Form einer entsprechenden Internetseite. Aber natürlich müssen auch die Mitarbeitenden sprachlich in der Lage sein, Kund:innen und Gäste zu unterstützen. Darüber hinaus sind auch spezielle interkulturelle Trainings wünschenswert, um einen bestmöglichen Service zu bieten. 
Künftig könnte zumindest bei rein sprachlichen Problemen verstärkt Technik in Form von Kopfhörern, die simultan übersetzen, zum Einsatz kommen. Erste Geräte gibt es bereits auf dem Markt, viele Tester sind mit den Ergebnissen jedoch noch nicht zufrieden.  

Digital Detox

Digital Detox, die digitale Entgiftung, ist der Gegentrend zur zunehmenden Digitalisierung im Alltag. Es ist der Wunsch nach Abschalten, der in diesem Sinne wörtlich gemeint ist. Was im Privatleben dem Wohlbefinden dienen soll, lässt sich auch im Tagungsbereich nutzen. Das bewusste Abschalten aller digitalen Geräte und damit auch Ablenkungen ermöglicht das konzentrierte Arbeiten an einer Aufgabe. 

Was bedeutet das für Anbieter?

Gerade abgeschiedene Orte, an denen zudem eine gute Internetversorgung fehlt, können von dem Trend profitieren. In der Vermarktung sollten daher die Vorteile der Abgeschiedenheit herausgestellt werden. Verbunden mit hervorragendem Service in Wohlfühlatmosphäre gibt es hierfür einen wachsenden Markt. Besonderes, also der Erlebnis-Charakter, sollte aber auch hier nicht fehlen.   

Nachhaltigkeit

Nachhaltige Angebote in der Tagungsbranche sind stark gefragt. Bereits im Meeting- & Eventbarometer 2014/15 gab mehr als jeder zweite Veranstalter (51,6 Prozent) von Tagungen, Messen, Kongressen und Events an, einen Anbieter mit zertifizierten Managementsystemen wie beispielsweise „Fairpflichtet“, „Green Note“ oder „Green Globe“ zu bevorzugen. 

Was bedeutet das für Anbieter?

Anbieter sollten nicht nur auf die Nachfrage eingehen und ihr Geschäft möglichst nachhaltig ausrichten. Es gibt auch diverse Systeme, nach denen sie sich zertifizieren lassen und damit ihr Engagement sichtbar machen können, darunter „Fairpflichtet“, „Green Note“ oder „Green Globe“. Tourismus NRW hat zudem Self Checks und E-Learning-Angebote speziell zum Thema Nachhaltigkeit im MICE-Bereich entwickelt. Wer wissen will, wie es um die Nachhaltigkeit im eigenen Unternehmen bestellt ist, kann die Angebote auf der Internetseite des Verbands unter www.tourismusverband.nrw kostenlos nutzen.

Bleisure

Immer mehr Geschäftsreisende verlängern ihren beruflichen Aufenthalt um ein paar private Tage. Studien zufolge ist die Kombination vor allem unter Jüngeren beliebt. 

Was bedeutet das für Anbieter?

Wer außerhalb seines Business-Aufenthalts auch Freizeitaktivitäten unternehmen möchte, muss entsprechende Angebote vorfinden. Diese gilt es zu schaffen und/oder sichtbar zu machen. Sinnvoll ist in diesem Zusammenhang beispielsweise die Zusammenarbeit mit örtlichen Tourismusorganisationen, die entsprechende Informationen liefern können. Über den touristischen Data Hub NRW lassen sich aktuelle Informationen zudem direkt per Widget in die eigene Website einbauen. Wer bereits auf seiner Internetseite auf die Möglichkeiten, die die Umgebung bietet, hinweist, kann damit punkten. Gerade Tagungslocations, in denen die Tagungsteilnehmenden auch übernachten, sollten zudem über attraktive Angebote zur privaten Verlängerung eines  Aufenthalts nachdenken. Der Bleisure-Tourismus kann ihnen dabei helfen, die oftmals geringere Auslastung an Wochenenden zu verbessern.

Co-Working

Co-Working-Angebote werden von unterschiedlichen Gruppen genutzt: Ursprünglich waren sie vor allem für Freelancer:innen gedacht, die viel allein arbeiten, im Homeoffice jedoch die sozialen Kontakte während der Arbeit vermissen. Inzwischen nutzen aber auch zunehmend Unternehmen Co-Working-Spaces, beispielsweise für Workshops. Und auch für dezentrale Teams, die sich nur gelegentlich zusammenfinden, um etwa Konzepte oder Strategien zu erarbeiten, sind Co-Working-Plätze als flexible Kurzzeit-Büros ideal.     

Was bedeutet das für Anbieter?

Wer einen Co-Working-Space anbietet, kann eine ganz neue Gruppe von Geschäftsreisenden ansprechen. Große Konferenzräume werden hier nicht gebraucht, dafür kleine Rückzugsecken zum konzentrieren Arbeiten, aber auch Besprechungsräume für kleine Gruppen und – wesentlicher Bestandteil – Räume zur Begegnung, etwa zum gemeinsamen Essen oder auch so zum Austausch. Was es zu beachten gilt, wenn ein Co-Working-Space eingerichtet werden soll, hat Tourismus NRW in einem Leitfaden festgehalten. 

Neues vom Tagungsmarkt - ein Expertengespräch zum Hören

Über den Tagungsmarkt der Zukunft hat die Autorin dieses Textes und Leiterin der B2B-Kommunikation bei Tourismus NRW, Tonia Haag, auch mit Veit Lawrenz, dem Leiter Themenmanagement Businesstourismus im Verband, gesprochen. 

Tagungsmarkt der Zukunft

Großer Saal mit Beleuchtung und Bestuhlung in der Historischen Stadthalle Wuppertal
© Tourismus NRW e.V./Johannes Höhn

Best-Practice-Beispiele aus NRW

Natürlich gibt es viele schöne, auch ausgefallene Locations, die sich hervorragend für eine Tagung eignen, angefangen bei Schlössern und Burgen bis zum Theater. Gerade auch mit stillgelegten Industrieanlagen wie alten Zechen kann Nordrhein-Westfalen einzigartige Veranstaltungsorte bieten, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen. Hier sollen jedoch nur Beispiele vorgestellt werden, die zusätzlich auch außergewöhnliche Konzepte, Angebote oder Spezialisierungen zu bieten haben.

Hotel Fire & Ice, Neuss

Das Hotel Fire & Ice in Neuss setzt ganz auf moderne alpine Gemütlichkeit. Dazu gehört auch, dass die Tagungsräume teilweise einen direkten Ausblick auf die Piste der angrenzenden Skihalle bieten. Für Freizeitangebote nach getaner Arbeit oder Teambuilding-Aufgaben ist also direkt am Tagungsort gesorgt – nicht nur durch die Skihalle, sondern durch den gesamten Alpenpark Neuss, der unter anderem auch einen Kletterpark umfasst. 

 

 

Mercure Tagungs- und Landhotel, Krefeld

Das Mercure Tagungs- und Landhotel in Krefeld hat für seine Tagungsgäste eine Lern- und Denkerwerkstadt entwickelt – ohne typische Konferenzräume, dafür mit speziellen Erlebnismöglichkeiten, aus denen sich Teams das Passende aussuchen können. Dazu gibt es neueste Multimedia-Technik wie beschreibbare Tische, deren Schrift digital editierbar ist, und flexibel nutzbare Sitzmöglichkeiten für kleine Teams oder etwas größere Gruppen. Mit seiner K4 -Akademie bietet das Hotel passende Erlebnismöglichkeiten wie Floßbau, aber auch ein Spielfeld zur Entfaltung der Sinne, das nach den Lehren des Pädagogen Hugo Kükelhaus konzipiert wurde und für kreative Pausen gedacht ist. Alternativ können die Erlebnismöglichkeiten auch dafür genutzt werden, Seminarinhalte zu vertiefen. Wer möchte, kann sogar ein eigenständiges Seminar um die Spielstationen konzipieren. Hierfür steht ein spezieller Trainer zur Unterstützung bereit.

Lindner Hotels & Resorts

Die Düsseldorfer Hotelgruppe bietet in ihren Hotels teils sehr ausgefallene Tagungsbereiche, die durch ihre unkonventionelle Ausstattung zum kreativen Arbeiten anregen sollen. In der   Hotel & Sports Academy in Frankfurt etwa wurde die normale Bestuhlung durch Gymnastikbälle und Turnbänke ersetzt. Die Denkfabrik im Lindner Congress Hotel Düsseldorf, die 2018 von den Leser:innen der Fachzeitschrift „Top Hotel“ zu Deutschlands coolstem Tagungsraum gewählt wurde, besticht durch Industriedesign und offene Flächen zum Austausch sowie moderne Technik, die es unter anderem erlaubt, gemeinsam erarbeitete Ergebnisse der Tagung direkt per pdf oder QR-Code an die Teilnehmenden weiterzugeben.

 

Hotel Friends, Düsseldorf

Die Hotel Friends Gruppe hat sich auf Budget Design Hotels spezialisiert und stellt jedes seiner Häuser unter ein bestimmtes Thema. In Düsseldorf ist es die Schule der 1970er Jahre. Für Workshops oder kleinere Konferenzen, aber auch andere Veranstaltungen wie Konzerte, bietet das Hotel unter den Namen Lehrerzimmer, Stadion und Aula drei Räume an, die entsprechend eingerichtet sind und durch die ungewöhnliche Umgebung ein überraschendes Erlebnis bieten und zu neuem Denken anregen sollen.

 

 

 

Framehouse, Siegen 

Ein wirklich sehr ungewöhnlicher Tagungsort ist das Framehouse in Siegen. Eine Fotografin und eine Schmuckdesignerin arbeiten auf dem Gelände und vermieten Teile, darunter ein ehemaliges Gewächshaus, für Veranstaltungen wie Workshops oder Events. Der Ort im Grünen zeigt, dass es nicht immer viel Pomp braucht, um etwas Besonderes zu schaffen.

 

 

 

 

Weitere Best-Practice-Beispiele

Während es bei den Best-Practice-Beispielen aus Nordrhein-Westfalen ausschließlich um Tagungslocations ging, werden im Folgenden besondere Veranstaltungs- und Vermarktungskonzepte vorgestellt:

Exzellente Lernorte, deutschlandweit

Unter dem Namen „Exzellente Lernorte“ haben sich sehr unterschiedliche inhabergeführte Tagungshotels aus ganz Deutschland zusammengeschlossen, um sich durch eine gemeinsame Vermarktung mehr Sichtbarkeit zu verschaffen. Zudem pflegen sie den Austausch untereinander, um voneinander zu lernen und neue Ideen zu entwickeln.

OMR Festival, Hamburg 

Das OMR Festival, früher Online Marketing Rockstars Festival, ist inzwischen eine der weltweit größten Veranstaltungen für digitales Marketing und Technologie und bestes Beispiel für Veranstaltungen mit Erlebnischarakter, da das Festival nicht nur eine hochkarätig besetzte Businessveranstaltung, sondern vielmehr ein Event ist. Branchengrößen wie Pinterest-Gründer Evan Sharp oder Buzzfeed-Gründer Jonah Peretti, die erstmals auf einer deutschen Bühne stehen, treten ebenso auf wie wahre Rockstars, darunter Metallica-Gründer Lars Ulrich oder Bruce Dickinson von der Heavy Metal Band Iron Maiden. Dazu gibt es große Messe- und Konferenz-Partys, auf denen beispielsweise die Beginner, Deichkind oder Olli Schulz schon spielten, und auch während des Messetags gibt es Musik- statt Kaffeepausen. Zeitgleich zum OMR Festival in der Hamburger Messe finden zudem zahlreiche Parallelveranstaltungen in der ganzen Stadt statt. 
Neben digitalen Pionieren, Marketing-Experten internationaler Unternehmen, Youtuber:innen und wahren Rockstars treten mittlerweile auch Bundespolitiker:innen auf der Veranstaltung auf, was zeigt, welche gesellschaftliche Relevanz das OMR Festival inzwischen erlangt hat. 
Einen ähnlich eventgeprägten Ansatz wie das OMR Festival verfolgt auch die NEXT Conference in Hamburg, die sich unter anderem mit dem Reeperbahn Festival verbindet.

Tech Open Air, Berlin 

Ebenso wie OMR Festival und Next Conference ist auch das Tech Open Air in Berlin ein Beispiel für die Festivalisierung von Veranstaltungen. Gleichzeitig ist es ein gutes Beispiel dafür, wie die Teilnehmenden in die Veranstaltung eingebunden werden und den größtmöglichen Nutzen für sich selbst herausziehen können. Denn zum einen wurde das komplette Konzept der Veranstaltung vorab mit potenziellen Teilnehmenden erarbeitet, zum anderen können sich jeder sein eigenes Programm zusammenstellen, da es viele gleichzeitige Angebote sowie Raum zum Netzwerken gibt. Das Netzwerken findet dabei in lockerer Atmosphäre etwa auf Sitzkissen mit einem Cocktail oder Smoothie in der Hand, beim Tischkickern oder Musik hören statt. Zeitgleich werden über 100 weitere Events in der Stadt veranstaltet, die von der Community selbst organisiert werden. Überhaupt ist die Community beim Tech Open Air stark engagiert, unter anderem bei der Organisation der Veranstaltung sowie als freiwillige Helfer:innen vor Ort.

re:publica, Berlin

Die Digitalkonferenz re:publica gehört inzwischen zu den renommiertesten Veranstaltungen in Deutschland. Sie bietet Vorträge und Workshops zu vielen unterschiedlichen Themenfeldern, von Medien über Kultur bis zu Politik, durch teils sehr prominente Gäste wie die Journalistin Dunja Hayali, Whistleblowerin Chalsea Manning oder Astronaut Alexander Gerst, die überwiegend als Audio- oder Video-Livestream im Internet übertragen werden, sodass die re:publica zumindest teilweise zu einer hybriden Veranstaltung wird. Jeder darf das Programm mitgestalten, indem er Vorschläge macht. Ein begleitendes Programm trägt die Veranstaltung zudem in die Stadt, darunter das Netzfest, ein „digitales Volksfest“, das digitale Themen des Alltags in Vorträgen und Workshops aufgreift und Live-Musik bietet. Außerdem gibt es Lesungen, Museumsausstellungen und VR-Installationen sowie Abendprogramm mit Live-Musik und DJs.

LINC Leipzig Interventional Course

Der Leipzig Interventional Course, einer der wichtigsten Kongresse für minimal-invasive Gefäßmedizin, zeigt, dass nicht nur Digital- oder Marketingkonferenzen innovativ sein können. Dank neuer Technik wurden bereits 2013 Operationen aus Kliniken in aller Welt live nach Leipzig übertragen. Das Publikum im Saal erhielt durch Einblendungen und eine App alle relevanten Daten und konnte mit den operierenden Akteur:innen interagieren. Neben festen Vorträgen bot eine Speaker’s Corner auch Platz für spontane Diskussionen.

MICE-Camp, wechselnde Orte

Wer sich über neue Entwicklungen und Herausforderungen im MICE-Bereich informieren und austauschen möchte, hat dazu auch auf Barcamps, die sich speziell an Macher:innen aus der MICE-Branche wenden, die Möglichkeit. Ein Beispiel hierfür ist das MICECamp der Hospitality Sales & Marketing Association (HSMA).

Im Co-Working-Space Codeks in Wuppertal sitzen zwei Männer an einem Tisch und zwei Frauen auf einer mit Kissen bestückten Stufe.
© Tourismus NRW e.V./Johannes Höhn

Für eilige Leser: Fazit in sieben Thesen

  1. Die Digitalisierung bietet viele neue Möglichkeiten für den Tagungsmarkt.
  2. Präsenz-Veranstaltungen wird es auch in Zukunft geben, da für viele Teilnehmende das persönliche Gespräch nach wie vor essentiell ist.
  3. Hybride Veranstaltungen verbinden die Vorteile einer Präsenz-Veranstaltung mit der Möglichkeit, sich auch virtuell einzubringen.
  4. Standard-Veranstaltungen in trostlosen Konferenzräumen werden es künftig immer schwerer haben. Vielmehr sind Erlebnisse und Interaktion gefragt. Teilweise verschwimmen auch die Grenzen zwischen Arbeit und Freizeit.
  5. Wissenserwerb ist weiterhin der wichtigste Antrieb, eine Veranstaltung zu besuchen. Daher sollte er mit allen Möglichkeiten unterstützt werden.
  6. Flexibilität ist die verlangte Kernkompetenz, sowohl was das Raumangebot, als auch was das Eingehen auf die Wünsche der Kund:innen angeht.
  7. Nachhaltige Angebote sind auch im Tagungsbereich immer stärker gefragt.

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