Steuerungsinstrument im Destinationsmanagement

Mit wissenschaftlicher Begleitung des Deutschen Instituts für Tourismusforschung (DITF) der FH Westküste hat Tourismus NRW seine bestehende Balanced Scorecard (BSC) weiterentwickelt, um besser seine auch von der Landestourismusstrategie vorgegebenen zunehmenden Managementaufgaben messen zu können. Die Balanced Scorecard bildet dabei die strategischen Unternehmensziele ab und hinterlegt diese mit Kennzahlen, um Erfolge messbar zu machen. Als erste Landestourismusorganisation will der Verband damit auch seine Fortschritte auf dem Weg zur agilen Organisation abbilden. Ein weiterer innovativer Ansatz der BSC ist die Einbeziehung der regionalen Ebene und die Prüfung der Übertragbarkeit generierter Kennzahlen. Beim Deutschen Tourismuspreis konnte sich die neue Balanced Scorecard des Verbands 2021 unter den Top Ten der insgesamt 72 eingereichten Projekte positionieren.

If you can't measure it, you can't manage it
 

Peter Drucker

Blick von oben auf ein rotes Paddelboot und Bäume an der Niers
© Leo Thomas

ZENTRALE ZIELSETZUNG DES KOOPERATIVEN
FORSCHUNGSPROJEKTES

  • (Weiter-)Entwicklung der Balanced Scorecard als Monitoringtool zur Messung des Unternehmenserfolgs moderner Destinationsmanagementorganisationen am Beispiel des Tourismus NRW e.V.
  • Übersetzung neuer Aufgabenbereiche und Managementansätze des Tourismus NRW e.V. in Dimensionen, Ziele und
    Kennzahlen einer Balanced Scorecard
  • Prüfung der Übertragbarkeit der generierten Kennzahlen auf die nächste Destinationsebene (Region) am Beispiel der Ruhr Tourismus GmbH

Unterschiedliche Aspekte gaben den Anlass, die bestehende BSC für den Tourismus NRW e.V. weiterzuentwickeln:

  • Der Wandel der Anforderungen an Destinationsorganisationen; neben Marketingaufgaben fallen immer mehr managementbezogene Aufgaben an.
  • Die Verabschiedung einer neuen Landestourismusstrategie für Nordrhein-Westfalen, die eine themenorientierte Zielgruppenansprache, die Erschließung noch ausstehender Potenziale in internationalen Quellmärkten, die datengestützte Steuerung des Tourismus, eine mit den touristischen Akteuren des Landes abgestimmte Content-Strategie sowie die Stärkung des Standortmarketings durch neue Allianzen und die Agilisierung des Verbandes fordert.
  • Die angestrebte Einführung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs beim Tourismus NRW e.V. sowie die Notwendigkeit zur Definition von Kennzahlen im Zuge des Fördermittelmanagements.
  • Die Verschlankung der bisherigen Balanced Scorecard auf die zentralen Erfolgskenngrößen je BSC-Perspektive und die Ergänzung der bisher nicht berücksichtigten Prozessperspektive.

Ergebnisse des Projektes

Die gemeinsam entwickelte BSC besteht aus zwei zentralen Elementen: dem Zielsystem und dem dahinterliegenden Kennzahlenset. Zur Aufstellung des Zielsystems war es zunächst notwendig, die Perspektiven der BSC zu definieren, die den Unternehmenserfolg und die ihn konstituierenden Faktoren widerspiegeln. Im nächsten Schritt wurden die aus der Satzung, dem Leitbild und der Landestourismusstrategie abgeleiteten Zielbereiche den Perspektiven zugeordnet. Zur Verdeutlichung der Zielbeziehungen über die Perspektiven hinweg wurde auf den von Kaplan und Norton entwickelten Ansatz der „strategy map“ zurückgegriffen. Die Abbildung auf der nächsten Seite gibt die Zielbereiche der strategy map wider. Für die Auswahl der Kennzahlen wurden aus den strategischen Zielsetzungen zunächst die Teilzeile abgeleitet und diese wiederum hinsichtlich ihrer Relevanz für eine übergeordnete Erfolgsmessung priorisiert. Für die in Bezug auf die Strategieumsetzung wichtigen Ziele wurden Kennzahlen definiert. Auch Kennzahlen, die für den Umgang mit Fördermitteln seitens des Tourismus NRW e.V. relevant sind, wurden integriert. Limitationen erfuhr die Kennzahlenauswahl durch die Messbarkeit der Kenngrößen (nicht alle gewünschten Kenngrößen waren quantifizierbar) und die aufwandsbezogene Leistbarkeit der Messung.

Balanced Scorecard Strategy Map
© Tourismus NRW e.V.

Die vier Perspektiven der BSC

Output

Als eine zentrale Erkenntnis aus der Zielanalyse ergab sich die Notwendigkeit, die oberste Perspektive der BSC zweizuteilen. Wie im Ursprungsmodell von Kaplan und Norton vorgesehen, sind auch für den Tourismus NRW e.V. finanzielle Ziele von oberster Priorität, da eine finanzielle Grundsicherung notwendig ist, um überhaupt handlungsfähig zu sein. Mit der geplanten Einführung eines partiellen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs und einer Trennungsrechnung als Vorstufe erfährt diese Output- Ebene zusätzliche Bedeutung. Daneben bedarf es einer weiteren Output-Ebene, die
die Beitragsleistung des Tourismus NRW e.V. zur Erreichung der übergeordneten Destinationsziele abbildet und die damit dem zentralen Vereinszweck – der Stärkung des Tourismusstandortes NRW – nachkommt.

Endkunden

Die nachgeordnete Kunden-Perspektive dient als Basis für die Erreichung der destinationsbezogenen Ziele. Dieser Ebene sind als unmittelbare Kunden („Endkunden“) die potenziellen Destinationsgäste, die Bevölkerung und die Wirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen zugeordnet. Um die potenziellen Gäste für einen Besuch in NRW zu gewinnen, sind insbesondere ihre Sympathie für NRW als Reiseland sowie ein entsprechendes Urlaubsinteresse als Zielgrößen von Relevanz. Zielgrößen bezogen auf die Bevölkerung sind die Wahrnehmung von Nordrhein-Westfalen als attraktiver Tourismusstandort und die Tourismusakzeptanz, im Hinblick auf die ansässigen Wirtschaftsbetriebe geht es um Standortattraktivität.

Geschäftsprozesse

Auf der Ebene der Geschäftsprozesse wird der Fokus auf diejenigen kritischen Aufgaben und Abläufe gelegt, deren erfolgreiche Umsetzung für die Zielerreichung auf den beiden darüberliegenden Ebenen der BSC entscheidend ist. Dabei wird zwischen externen und internen Geschäftsprozessen unterschieden. Die externen Geschäftsprozesse umfassen mit der Vernetzung innerhalb und außerhalb der Tourismusbranche, dem Mitgliedermanagement, dem Wissens- und Datenmanagement und der Bereitstellung von unterschiedlichsten Leistungen und Services Aufgaben und Abläufe, an denen die verschiedenen Partner des Tourismus NRW e.V. mitwirken. Die internen Geschäftsprozesse betreffen die Arbeitsabläufe in der Geschäftsstelle des Tourismus NRW e.V. Ein hauptsächliches Ziel besteht hier in der Weiterentwicklung des Verbandes zu einer agilen Managementorganisation.

Ressourcen

In der untersten Ebene der BSC liegt der Fokus auf den personellen Potenzialen des Tourismus NRW e.V. Als weitere zentrale Ressourcen sind die Finanzausstattung, die Ausstattung mit zeitgemäßen Informations- und Kommunikationstechnologien sowie das Arbeitsumfeld definiert. Diese Ressourcen sind ebenfalls elementar für die Umsetzung der Aufgaben und Abläufe auf der übergeordneten Prozessperspektive sowie in Folge zur Erreichung der Ziele auf der Kunden- und Output-Ebene.

Ausblick

Der Tourismus NRW e.V. erhält mit der er­arbeiteten BSC ein Instrument, das die Marketing­ und Managementaufgaben des Verbandes zusammenführt und die obersten Zielsetzungen, die sich aus der Satzung, dem Leitbild und der Landestourismusstrategie ergeben, mit Hilfe von Kennzahlen messbar macht. Im Zuge der Implementierung der BSC werden derzeit verbandsintern einzelne, noch nicht vorhandene Messansätze entwickelt sowie Strukturen und Verantwortlichkeiten für die Kennzahlenmessung geschaffen bzw. definiert. Eine erste vollumfängliche Messung der in der BSC definierten Kenngrößen soll für das Jahr 2022 erfolgen. Parallel dazu erfolgt unter Federführung des DITF eine wissenschaftliche Aufbereitung der Projektergebnisse.

Neben der Nutzung der BSC für verbandsbezogene Zwecke wird geprüft, wie die regionale Destinationsebene in NRW an die BSC angebunden werden kann. Als Mitglieder des Tourismus NRW e.V. tragen die Regionen zu vielen Kennzahlen der Balanced Scorecard des Tourismus NRW e. V. bei, aber auch darüber hinaus soll die Übertragung weiterer Kenngrößen und Messansätze auf die regionale Ebene geprüft wer- den. Dies wird aktuell anhand erster ausgewählter Kennzahlen mit der Ruhr Tourismus GmbH erprobt, um zu einem späteren Zeitpunkt weitere interessierte Regionen einzubinden.

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