Wie die Region rund um Winterberg weiterhin Skifahren ermöglicht

Der Klimawandel ist in den Skiorten weltweit ein Thema - natürlich auch in der Wintersport-Arena Sauerland. Die Skihochburg Winterberg ist jedoch gut gerüstet, um den Erwartungen der Gäste weiterhin gerecht zu werden, wie Michaela Grötecke, Tourismusförderin bei Winterberg Touristik und Wirtschaft, im Interview berichtet.

Michaela Grötecke, Tourismusförderin von der Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH
© Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH

Schneesicherheit ist für Skigebiete ein großes Thema. Die Region rund um Winterberg investiert da schon seit vielen Jahren – auch vor dieser Saison wieder. Was ist geplant?

Um den Wintersport in der Region zu sichern, haben die Verantwortlichen bereits Ende der 90er Jahre begonnen, den Masterplan Wintersport-Arena zu entwickeln. Dabei ging es darum, die Schneesicherheit mithilfe technischer Beschneiung zu steigern. Dies ist gelungen und hat dem Wintersport in der Region großen Auftrieb gegeben. Seitdem hat es nur noch sehr vereinzelt Skigebiete gegeben, die ihren Betrieb einstellen mussten.

Schneesicherheit ist aber keine Schneegarantie. Seit einigen Jahren schon arbeiten die Betreiber im Skiliftkarussell Winterberg darum mit Allwetter-Schneeanlagen, die auch bei leichten Plusgraden Schnee erzeugen. Aus ersten Tests verfestigte sich langsam die Erkenntnis, dass sich damit praktikabel schneesichere Pisten von hoher Qualität aufbauen lassen. Aktuell haben die Betreiber sieben weitere dieser Anlagen angeschafft. Bei Bedarf sichern sie ein Rumpfangebot von bis zu sechs Pistenkilometern. Die Qualität ist gut und erinnert an Firnschnee im Frühjahr.

Dabei arbeiten die Anlagen weniger energieintensiv, als vielfach angenommen wird. Es wurde über die Jahre hinweg viel entwickelt. Würden sie einer Klassifizierungspflicht wie zum Beispiel Kühlschränke unterliegen, so erreichen die Anlagen die Klasse C, die der neuesten Generation sogar Klasse A. Es gibt zudem einige Vorteile, die sehr positiv auf das Konto der Energieeffizienz einzahlen. So ist der mit den Allwetter-Schneeanlagen erzeugte Schnee deutlich haltbarer.

Die Anlagen arbeiten weniger energieintensiv, als vielfach angenommen wird.

Michaela Grötecke
Tourismusförderin Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH

Ein Skifahrer fährt einen schneebedeckten Hang bei Winterberg hinab. Auch die umstehenden Bäume sind schneebedeckt.
© Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH/stephanpetersdesign.de

Bei der Entwicklung haben die Winterberger Liftbetreiber übrigens eine federführende Rolle gespielt. Die Entwicklung hier ist weltweit einzigartig und wird sogar von den Skigebieten im Alpenraum sehr interessiert beobachtet.

Wird es diese Allwetter-Schneeanlagen künftig in mehr und mehr Skigebieten geben?

Das Ziel ist ganz klar, ein Rumpfangebot an Pisten bereitzustellen, wenn die klassische Beschneiung nicht eingesetzt werden kann. Nicht mehr und nicht weniger. Gerade in der ersten Hauptsaison, den Weihnachtsferien, ist dies oftmals schwierig. Die Anlagen gibt es nur im Skiliftkarussell Winterberg. Eine Ausweitung auf weitere Skigebiete ist nicht geplant.

Winterberg ist als nachhaltiges Reiseziel zertifiziert. Wie macht sich das im Skibetrieb bemerkbar?

Seit Jahren schon arbeiten die Liftbetreiber daran, den Wintersport nachhaltiger zu machen. Ziel ist es, bis 2030 klimaneutral zu sein. Schon 2009 wurde zum Beispiel in der Remmeswiese ein großer Photovoltaikpark gebaut. Seitdem entstanden weitere Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Hütten und Multifunktionshäuser. Seit fünf Jahren beziehen die vier Winterberger Skigebiete ausschließlich Ökostrom.

Eine weitere Maßnahme zur Steigerung der Nachhaltigkeit ist der Einsatz von „Biodiesel“ im Skiliftkarussell. Alle Pistenwalzen werden dort ausschließlich mit HVO 100 betrieben, der aus Abfällen der Papierindustrie hergestellt wird. Der Einsatz des umweltfreundlichen neuartigen Kraftstoffs spart bis zu 90 Prozent CO₂ gegenüber herkömmlichem Diesel, sodass die Pistenraupen damit fast klimaneutral betrieben werden.

Insbesondere punktet Winterberg als nahe gelegenes Ausflugs- und Urlaubsziel. 49 Prozent des CO₂-Fußabdrucks entfallen bei uns auf die Anreise. Je weiter man fährt, desto höher ist dieser Anteil. Bei einem Skiurlaub entfallen übrigens nur 16 Prozent auf das eigentliche Skifahren. Dies ist der Grund, warum ein Skiurlaub nur unwesentlich mehr Emissionen verursacht als ein Wander- und Radurlaub.

Wie stark fallen denn die Allwetter-Schneeanlagen bei der CO₂-Bilanz ins Gewicht?

In einem weltweit einzigartigen Pilotprojekt wird in diesem Winter in Winterberg ein großes Multifunktionshaus mit der Abwärme einer der Allwetter-Schneeanlagen geheizt. Das funktioniert nach dem Prinzip Wärmepumpe, nur umgekehrt. Überall, wo Kälte produziert wird, entsteht Wärme. Von Anfang an war es das Ziel der Liftbetreiber, die Abwärme der Allwetter-Schneeanlagen zu nutzen. Mittels eines Wärmetauschers wird sie auf Wasser übertragen und durch isolierte Rohre 50 Meter weit in den Heizkreislauf des Schneewittchenhauses geleitet. Das ist ein weltweit einzigartiges Pilotprojekt. Bei guten Erfahrungen sollen weitere Anlagen folgen. Ein Vergleich: Die neue Allwetter-Schneeanlage am Schneewittchenhaus liefert bis zu 95 kW für die Wärmerückgewinnung nutzbare Energie. Eine Wärmepumpe für ein Einfamilienhaus von100 bis 150 Quadratmetern bringt in der Regel etwa 5 bis 7,5 kW Heizleistung.

Eine Untersuchung hat übrigens gezeigt, dass das touristisch ausgerichtete Winterberg in einer Gegenüberstellung mit Städten in der Region mit mehr Industrie bei den Emissionen deutlich besser abschneidet. Der Wintersport hinterlässt pro Gast nur einen unwesentlich größeren CO₂-Fußabdruck als das Wandern oder Radfahren.

Der Wintersport hinterlässt pro Gast nur einen unwesentlich größeren CO₂-Fußabdruck als das Wandern oder Radfahren.

Michaela Grötecke
Tourismusförderin Winterberg Touristik und Wirtschaft GmbH

Trotz aller Bemühungen: Die Winter der vergangenen Jahrzehnte haben gezeigt, dass es selbst mit Schneekanonen oder Schneelanzen immer schwieriger wird, für eine wirtschaftliche Saison zu sorgen. Wie reagiert Winterberg darauf? Und sehen Sie durch den Klimawandel vielleicht sogar Chancen?

Der Klimawandel zeigt seine Auswirkungen. Dies jedoch in deutlich geringerem Maß, als wir es „gefühlt“ wahrnehmen. Die technische Beschneiung hat die Auswirkungen bisher mehr als kompensiert. Wir können nach wie vor Wintersport von hoher Qualität anbieten und den Gästen eine gute Planbarkeit ihres Skiurlaubs ermöglichen. Dies auch sicher noch viele Jahre lang. Denn auch die „klassische“ Beschneiung mittels Propellergeräten („Schneekanonen“) und Schneelanzen hat noch viel Potenzial.

Dabei ist der Zuspruch unserer Gäste ungebrochen. Die Menschen möchten den Schnee erleben, Wintersport betreiben und somit auch die Gesundheit fördern. Das ist ihnen ein großes Bedürfnis. Sobald die Flocken fallen, setzen sich viele Menschen in Bewegung und strömen in die Schneegebiete. In diesen Situationen wird die große Nachfrage eher zu einer Herausforderung. Die Skigebiete leisten einen wichtigen Beitrag dazu, die Nachfrage zu kanalisieren. Menschen erleben gesunde Bewegung an der frischen Luft auf dazu bereitgestellten, begrenzten Flächen. Dadurch leisten wir einen wichtigen Beitrag zum Naturschutz, da sensible Gebiete nicht angesteuert werden.

Übrigens wird die Ferienwelt Winterberg mit Hallenberg bereits seit den 90er Jahren als Ganzjahres-Destination angenommen, die nicht nur traditionell mit einem ausgezeichneten Wintersport-Angebot punktet, sondern auch in der grünen Jahreszeit eine exzellente Freizeit-Infrastruktur für jede Generation und jeden Anspruch bietet.

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