Schloss Dyck im Klimawandel: Wie eine historische Anlage zukunftsfähig wird

Es ist eines der touristischen Highlights am Niederrhein: 300.000 Gäste zählen Schloss Dyck und sein Park pro Jahr, die Hälfte davon bei Veranstaltungen der Schloss-Stiftung. Doch wer den Park schon öfters besucht hat, wird die Veränderungen sehen, die sich in den vergangenen Jahren vollzogen haben. Die Folgen des Klimawandels sind deutlich zu spüren.

Rund 400 Bäume habe der Schlosspark seit 2018 verloren - alte Bäume, die den Park seit Jahrhunderten geprägt haben, erzählt Jens Spanjer, Vorstand der Stiftung Schloss Dyck. 30 bis 40 Prozent der übrigen Bäume seien beschädigt. „Hitze und Dürre machen unseren Bäumen massiv zu schaffen. Wenn sie geschwächt sind, sind sie anfälliger für Pilze oder anderen Schädlingsbefall und irgendwann müssen sie dann gefällt werden oder fallen einfach um, bei einem Sturm oder einfach so“, erläutert der Stiftungsvorstand.

Wie dem Schlosspark in Jüchen ergeht es vielen Parks und Gärten in Deutschland. Den Dycker Schlosspark trifft es allerdings besonders schwer, wie der erste bundesweite Parkschadenbericht zeigt, für den rund 70 Anlagen untersucht wurden. „Wir sind vom Rückgang des Niederschlags am zweitstärksten betroffen“, sagt Spanjer. Verstärkt werde der dadurch verursachte Wassermangel durch den Tagebau Garzweiler. Dadurch sei das Grundwasser so tief abgesunken, dass die Bäume im Park ausschließlich auf Regen angewiesen seien. Dieser bleibt jedoch immer häufiger aus – oder fällt als Starkregen in großen Mengen, sodass er nicht ausreichend vom Boden aufgenommen werden kann und Boden sowie wichtige Nährstoffe wegspült.

Wir sind vom Rückgang des Niederschlags am zweitstärksten betroffen.

Jens Spanjer
Vorstand Stiftung Schloss Dyck

Gemeinsam mit anderen Verantwortlichen von Parks und Gärten in Deutschland hat Spanjer die bundesweite Initiative „Historische Gärten im Klimawandel“ gegründet. Ihr Ziel ist es, gemeinsam Lösungen zu entwickeln, um die vielen herausragenden Grünanlagen im Land klimaresilient aufzustellen. 

Klimaresiliente Bäume gesucht

In Jüchen wird hierfür bereits viel experimentiert. Da die dominierenden Buchen den heutigen Klimabedingungen nicht gewachsen sind, werden Alternativen gesucht. „Vor 200 Jahren hatten wir im Park schon 150 verschiedene Baumarten, inzwischen sind es etwa 450 verschiedene Bäume und Sträucher“, sagt Spanjer. Und immer wieder werden neue Arten ausprobiert, um die klimaresilientesten unter ihnen zu finden.

Dabei hat Schloss Dyck einen entscheidenden Vorteil: Da der Park bereits vor Jahrhunderten als Pflanzensammlung angelegt wurde, können in Abstimmung mit der Gartendenkmalpflege heute auch neue Baumarten angepflanzt werden. Spanjer weiß, dass das in anderen Parks oft anders aussieht: „Hierfür müssen wir die Denkmalpflege und die Betreiber von Parkanlagen gemeinsam sensibilisieren. Wir brauchen für die zukünftige Entwicklung unserer Parkanlagen neue Lösungen, die der Klimaanpassung und der Gartendenkmalpflege gleichermaßen gerecht werden“, betont der studierte Landschaftsarchitekt.

Stiftung arbeitet an höherer Biodiversität  

Ein wichtiger Punkt, um sich an den Klimawandel anzupassen, ist in Spanjers Augen eine hohe Biodiversität. Und die Schloss-Stiftung tut viel dafür, die Artenvielfalt in ihrem Park zu steigern. Tote Äste oder Baumstümpfe etwa werden, wo möglich, stehen oder liegen gelassen, um die Biodiversität zu fördern und neue Tierarten anzulocken. Zudem denkt die Stiftung darüber nach, den durch den Tagebau trocken gefallenen Kelzenberger Bach und ein ausgetrocknetes Feuchtgebiet wiederherzustellen. „Das würde das Klima im Park deutlich verbessern und Lebensraum für weitere Arten schaffen“, sagt Spanjer. 

Die Gäste hätten kein Problem damit, dass Totholz liegen oder die Vegetation unter Bäumen stehen gelassen werde, um die Verdunstung zu verlangsamen – im Gegenteil. „Es hat sich etwas geändert in der Sicht der Bevölkerung“, sagt Spanjer. Während Wildwiesen beispielsweise früher als ungepflegt galten, lobten viele Gäste sie heute als naturnah und stünden ihnen positiv gegenüber.

Die bisherigen Maßnahmen der Stiftung sieht Spanjer mit Blick auf die Biodiversität als Erfolg. „Gefühlt haben wir eine höhere Artenvielfalt als früher. Um das zu überprüfen haben wir eine umfangreiche Erfassung der Artenvielfallt beauftragt“, sagt der Landschaftsarchitekt. Unter anderem seien bereits zahlreiche seltene Wildbienenarten im Park nachgewiesen worden. Und die vor einigen Jahren aufgehängten Schleiereulenkästen und die Eisvögelwand seien jedes Jahr voll. „Maßnahmen zur Steigerung der Biodiversität zeigen in der Parkanlage sehr schnell Erfolge“, freut sich der Stiftungsvorstand.

Auch mit anderen Maßnahmen experimentiert die Stiftung, um den Park klimaresilienter zu machen, etwa durch Mykorrhiza-Baumimpfungen. Der Mykorrhiza-Pilz soll den Bäumen dabei helfen, Stresssituationen wie etwa Trockenheit oder Nährstoffmangel besser zu bewältigen.

Klimaneutralität als Ziel

Neben dem Umbau zu einem klimaresilienten Park beschäftigt die Schloss-Stiftung ein weiteres Großprojekt: Der Schlossbetrieb soll klimaneutral werden. Kernmaßnahme ist dabei die Umstellung der Beheizung. Geplant ist eine regenerative Heizanlage für Nahwärme, die mit Chinaschilf vom Dycker Feld befeuert werden soll. „Das hat gleich mehrere Vorteile: Der Rohstoff wächst jährlich nach und es ist kein langer Transportweg für das Heizmaterial nötig“, erläutert Spanjer. Das vorhandene Schilf reiche aus, um das gesamte Schloss zu beheizen und damit die bisherige Gasheizung zu ersetzen. 180 Tonnen CO2 will die Stiftung auf diese Weise jährlich einsparen. Im Herbst 2024 sollen die Bauarbeiten starten.

Auch die Stromversorgung will die Stiftung neu regeln. Dafür wolle man auf Photovoltaik setzen, erklärt Spanjer. Zum Beispiel könnten die neueren Gebäude im Eingangsbereich genutzt oder Teile der Parkplätze mit Solarpanelen überdacht werden. Einen konkreten Starttermin für dieses Vorhaben gibt es jedoch noch nicht.

Bei unserem Lichtfestival im Park haben wir den Strombedarf in den vergangenen Jahren auf 20 Prozent des früheren Werts senken können.

Jens Spanjer
Vorstand Stiftung Schloss Dyck

Dafür setzt die Stiftung an anderer Stelle an und senkt schon einmal den Energieverbrauch. „Bei unserem Lichtfestival im Park haben wir den Strombedarf in den vergangenen Jahren auf 20 Prozent des früheren Werts senken können“, berichtet Spanjer stolz. Möglich geworden sei dies durch den Einsatz von LED-Lampen und ein verändertes Konzept. „Wir beleuchten den Park nicht mehr großflächig, sondern akzentuiert mit Beamern, die Lichtkunst auf Gebäude projizieren.“ Auch die Einführung einer zentralen Steuerung der Heizanlage in Verbindung mit einem Optimierungskonzept sei erfolgreich, sagt Spanjer. Allein dadurch habe man seit 2018 rund 30 Prozent des bisherigen Gasverbrauches für die Gesamtanlage einsparen können.

Und auch bei der Bewässerung der Park- und Gartenanlagen arbeitet die Stiftung an neuen Konzepten. „Bislang waren in Trockenphasen oft mehrere Arbeitskräfte nur damit beschäftigt, von Hand zu bewässern oder die Wassersprinkler umzusetzen“, berichtet Spanjer. Aktuell wird eine neue Bewässerungsanlage geplant, die sich aus dem Schlossgraben speisen, die Pflanzen optimal versorgen, für Entlastung der Gärtner sorgen und gleichzeitig Ressourcen schonen soll. „Die Anlage kann automatisch gesteuert und damit auch dann abgestellt werden, wenn die Bewässerung ausreicht“, sagt der Stiftungsvorstand. 

Großes Interesse der Gäste

Viele Gäste verfolgen die Entwicklungen im Park. „Es interessiert sie, wenn wir praktische und anschauliche Maßnahmen zur Klimaanpassung, zur Nachhaltigkeit oder zur Förderung der Biodiversität umsetzen“ sagt Spanjer. Daher sei auch geplant, Führungen zu diesen Themen anzubieten. Viele Gäste wollten sich auch ganz praktisch daran beteiligen, den Park klimaresilient aufzustellen. Für die in den vergangenen Jahren verlorenen 400 Bäume seien inzwischen 600 neue Bäume nachgepflanzt worden – über 90 Prozent davon durch Spenden von Gästen.  

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