Die Sterne im Sauerland: Warum sich Kooperationen für Wettbewerber lohnen

Ihre Hotels sind seit Generationen in Familienhand, Qualität steht für sie an erster Stelle: Die „Sterne im Sauerland“ gehören zu den Vorzeigebetrieben in Nordrhein-Westfalen. Seit Juli 2024 sind sie Mitglied im Tourismus NRW. Im Interview sprechen Stefan Wiese-Gerlach, Eigentümer des Hotels Jagdhaus Wiese in Schmallenberg und als einer der Geschäftsführer Sprecher der Kooperation, und Elke Stahlmecke, Kooperationsmanagerin, über besondere Herausforderungen für familiengeführte Hotels und die Vorteile der Zusammenarbeit.

Für Ihren Hotel-Zusammenschluss sprechen Sie von „Kooperenz“. Was meinen Sie damit?

Stahlmecke: Dieses Wort haben wir für uns entdeckt. Es ist eine Kombination aus den Wörtern KOOPEration und KonkurRENZ und beschreibt wunderbar die Grundhaltung unserer Zusammenarbeit.

Es ist uns allen bewusst, dass die Hotels natürlich aufgrund der Nähe zueinander und der Lage in einer Region auch irgendwie Konkurrenten sind. Wir akzeptieren, dass sich mal ein Gast oder auch ein Mitarbeitender für einen Kollegenbetrieb entscheidet, der in dem Moment besser zu den jeweiligen Erwartungen passt. Das ist sogar eine unserer Stärken: Für jeden Gast und Mitarbeitenden haben wir einen passenden Betrieb, denn die Hotels sind sehr unterschiedlich und natürlich jeweils vom Geist der Gastgeberfamilie geprägt. 

Das ständige Schauen auf Mitbewerber und das „strategische Taktieren“ kostet viel zu viel Zeit und bringt letztendlich niemandem etwas. 

Stefan Wiese-Gerlach
Eigentümer des Hotels Jagdhaus-Wiese
Sprecher der Kooperation „Die Sterne im Sauerland“

Stefan Wiese-Gerlach und Elke Stahlmecke von der Hotelkooperation "Die Sterne im Sauerland"
© Die Sterne im Sauerland

Wiese-Gerlach: Das ständige Schauen auf Mitbewerber und das „strategische Taktieren“ kostet viel zu viel Zeit und bringt letztendlich niemandem etwas. Wenn wir unsere wirklich vorzeigbaren Hotels und unsere erlebenswerte Region dagegen gemeinsam ins Schaufenster stellen, erreichen wir sehr viel mehr. Deshalb steht das Miteinander im Fokus unserer Arbeit. Und so schauen wir auf das Verbindende: familiengeführte Betriebe, die auf Qualität in allen Bereichen achten. Diese Haltung gibt es hier im Schmallenberger Raum bereits seit Jahrzehnten. Schon unsere Väter und Großväter haben eng zusammengearbeitet und zum Beispiel gemeinsame Wanderprogramme durchgeführt und als lose Hotelkooperation Prospekte aufgelegt.

Vor welchen besonderen Herausforderungen stehen familiengeführte Hotels?

Wiese-Gerlach: Ganz grundsätzlich kommen gerade sehr viele Herausforderungen gleichzeitig auf uns zu. Auf der einen Seite haben wir einen zunehmenden Kostendruck beispielsweise durch Inflationseinfluss, steigende Energiepreise und bedingt durch den Klimawandel sehr volatile Lebensmittelpreise. Dazu kommen stark steigende Lohnkosten, da wir die lange Zeit zu geringen Vergütungen der Mitarbeitenden Zug um Zug auf ein attraktives Niveau heben wollen. Dies und die Mehrwertsteuererhöhung auf Speisen im Restaurant führt zu steigenden Preisen bei gleichzeitig krisenverunsicherten Konsumenten.

Als andauernde Herausforderung begleitet uns zudem der latente Arbeitskräftemangel und die damit verbundene Mammutaufgabe der Fachkräftesicherung. Und dann ist da noch die ausufernde Bürokratie, die insbesondere kleinere inhabergeführte Betriebe zunehmend überfordert.

In Summe führt dies alles leider dazu, dass viele kleinere (Familien-)Betriebe aufgeben und keine Nachfolge finden. Der Region geht hierdurch Vielfalt verloren. Ein großer Verlust auch für die Einheimischen!

Wie kann die Hotelkooperation Ihnen bei den Herausforderungen helfen? Haben Sie vielleicht ein konkretes Beispiel, was Ihnen durch die Kooperation in den vergangenen Jahren gelungen ist?

Wiese-Gerlach: Ein wesentliches Ziel unserer Zusammenarbeit ist der Aufbau eines Netzwerkes mit Politik, Verbänden und Wirtschaftsvertretungen, um gemeinsam an den Rahmenbedingungen für unsere Branche und deren Unternehmen zu arbeiten. So sind wir mittlerweile im engen Austausch mit zahlreichen Partnern, um ihnen Einblicke in unsere Arbeit zu geben und sie nach Bedarf mit Hintergrundinformationen auszustatten.

Unser Motto „Wir sind Glücklichmacher!“ gilt für Gäste UND unsere Teams. 

Elke Stahlmecke
Kooperationsmanagerin „Die Sterne im Sauerland“

Stahlmecke: In Bezug auf die Hotelteams wollen wir im Verbund verdeutlichen, dass wir verlässliche Arbeitgeber sind und stetig an den Rahmenbedingungen für die Arbeitnehmenden arbeiten. Unser Motto „Wir sind Glücklichmacher!“ gilt für Gäste UND unsere Teams.

Sie sprechen das Thema Mitarbeitende an. Welche Aspekte sind Ihnen dabei besonders wichtig und was haben Sie schon angestoßen?

Stahlmecke: Uns liegt die Ausbildung von Nachwuchstalenten sehr am Herzen. So arbeiten wir eng mit Schulen zusammen und sind als Kooperation auf vielen Ausbildungsmessen, um hier mit Schülern und Eltern ins Gespräch zu kommen. Wir haben eine gemeinsame Bewerbungsmappe als Ausbildungsbetriebe entwickelt, die sowohl aufzeigt, wofür unsere Kooperation gemeinsam steht als auch die Besonderheiten jedes Hauses herausstellt. Jedes Haus soll seinen eigenen Charakter behalten. Das macht es aus. Und dieses Engagement trägt Früchte; im August 2024 konnten wir 46 und damit mehr als doppelt so viele junge Menschen zum Ausbildungsstart in unseren Häusern begrüßen.

Wiese-Gerlach: Mitarbeiterbindung ist natürlich auch ein wichtiges Thema. Für unsere bestehenden Teams bieten wir gemeinsam ein paar tolle Benefits an, zum Beispiel 25 Prozent Rabatt auf Essen und Trinken in den Gastronomien unserer Betriebe und Sonderpreise für Übernachtungen in nahezu 600 Hotels über eine Online-Mitarbeiter-Plattform. Jeden Monat gibt es eine Team-Veranstaltung zu verschiedenen Themen. Das kann eine Fachschulung sein oder auch mal eine Betriebsbesichtigung. All diese Dinge lassen sich gemeinsam einfacher entwickeln und organisieren, als wenn jedes Haus das alleine bewältigen muss.

Was hat Sie zu Ihrer Mitgliedschaft im touristischen Landesverband bewogen?

Wiese-Gerlach: Wie schon gesagt, sind wir immer auf der Suche nach Partnern, die die Bedeutung der Tourismusbranche für die Gesellschaft herausstellen und uns helfen, die Bedürfnisse von familiengeführten Gastgeberbetrieben in den Fokus zu rücken. Außerdem wollen wir natürlich auch lernen und uns weiterentwickeln. Für beide Anliegen ist der Tourismus NRW e.V. ein sehr guter Sparringspartner. Insbesondere im Bereich Digitalisierung und KI erhoffen wir uns im Laufe der Zeit einige Impulse und Unterstützung.

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