Mehr als nur übernachten: Was einen guten Campingplatz ausmacht

Camping in Deutschland boomt. Gerade erst hat das Statistische Bundesamt neue Rekordübernachtungszahlen für 2023 veröffentlicht. Und auch auf der Reise + Camping in Essen, die am 28. Februar 2024 wieder ihre Türen öffnet, ist der Boom seit Jahren zu spüren. Doch was macht einen beliebten Campingplatz aus? Was ist bei Gästen besonders gefragt und vor welchen Herausforderungen stehen die Plätze aktuell? Antworten darauf kennt Leo Ingenlath, der nordrhein-westfälische Landesvorsitzende des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD).

Leo Ingenlath, NRW-Landesvorsitzender des Bundesverbands der Campingwirtschaft in Deutschland
© privat

Der Campingpark Kalletal ist jüngst vom Online-Portal camping.info zum beliebtesten Campingplatz in Nordrhein-Westfalen gekürt worden. Was macht den Platz so beliebt bei Gästen?

Der Campingplatz besticht laut den Bewertungen vor allem durch Freundlichkeit und Sauberkeit, sowie die guten Sanitäranlagen. Das sind für Camper die wichtigsten Faktoren, um sich im Urlaub wohlzufühlen. Darüber hinaus bietet der Platz mit seiner guten Lage direkt am See ein breites Programm an Freizeitaktivitäten. So wird aus der reinen Übernachtungsleistung Camping ein richtiger Urlaub, der mit den oben genannten Faktoren Freundlichkeit und Sauberkeit einen Top-Campingplatz ausmacht.

Was kommt generell gut bei den Gästen an? Worauf achten sie Ihrer Erfahrung nach am meisten? Und was macht aus Ihrer Sicht einen sehr guten Campingplatz aus?

Den Gästen ist vor allem die durchgängig gute Qualität auf den Anlagen wichtig. Dieser Trend ist schon seit vielen Jahren zu beobachten und macht in unseren Augen auch einen guten Campingplatz aus. Herrschen gute Qualitätsstandards vor, so geht damit meist auch Freundlichkeit, Sauberkeit und Angebote für Freizeitaktivitäten einher. Auch in der Klassifizierung der Campingbetriebe legt der Verband Wert auf die Qualität in Bereichen wie der Sanitäranlagen, der Standplatzausstattung, der Rezeption, im Service und in der Gesamtanlage. Weitere Angebote wie Animation, Veranstaltungen oder zielgruppengerechte Freizeitangebote runden das Portfolio eines „guten“ Campingplatzes ab.

Wobei auch hier die Ansprüche weit auseinandergehen. Eine Gästegruppe bevorzugt Ruhe, wenig Programm und großzügige Plätze, andere hingegen möchten viel Programm und Unterhaltung und es reichen schmale Standplätze mit wenig Ausstattung. Hier muss jeder Betrieb seine Nische und Zielgruppe finden und mit der entsprechenden Qualität der Anlage dieser Zielgruppe begegnen.

Es geht im Urlaub, und somit auch im Camping, um den Wohlfühlfaktor.

Leo Ingenlath
Vorsitzender BVCD NRW

Wohnwagen steht in einem kleinen Garten im Campingpark Kerstgenshof am Niederrhein
© Tourismus NRW e.V./Holger Hage

Bei der Auswertung von camping.info gewonnen hat ein Campingplatz, der direkt an der Ostsee liegt. Wie können Plätze in weniger privilegierter Lage punkten?

Natürlich bestechen die Plätze unter den Top 10 durch ihre Lage am Meer oder auch in den Bergen. Aber diese Plätze haben noch weitere, wichtigere Gemeinsamkeiten: Die Vielfalt auf der Anlage.

Es geht im Urlaub, und somit auch im Camping, um den Wohlfühlfaktor oder das Urlaubsgefühl. Das erreiche ich bei einer Anlage mit Restaurant, Schwimmbad, Animation, Veranstaltungen usw. natürlich schneller, als wenn mein Platz lediglich die reine Übernachtungsleistung anbietet.

Dennoch geht es um die Bewertung der Gäste. Eine top ausgestattete Anlage mit unfreundlichem Personal und wenig Sauberkeit wird schlechter bewertet als eine kleine Anlage mit wenig Programm, dafür aber freundlichem Service und ausgesprochen sauberen Sanitäranlagen.

Die Plätze aus NRW, die im Ranking auftauchen, können dennoch punkten, denn die geringe Anfahrtszeit, die Freundlichkeit, Sauberkeit und familiäre Atmosphäre werden von den Gästen honoriert.

Welche Rolle spielen Zertifizierungen?

Zertifizierungen sind enorm wichtig, um die online getätigten Bewertungen der Gäste besser einschätzen zu können. Denn wenn ein Platz drei Sterne hat, kann er dennoch fünf Sterne bei einer Online-Plattform erhalten. Denn die Gäste sind mit der Qualität des erwarteten Drei-Sterne-Standards durchaus zufrieden und bewerten diesen als „sehr gut“. Andersherum kann ein Platz mit fünf klassifizierten Sternen dennoch eine Online-Bewertung von drei Sternen haben, weil z.B. das Personal unfreundlich und die Sanitäranlagen nicht sauber sind.

Die objektive Klassifizierung bewertet die „Hard facts“ auf den Anlagen, die dem Gast die Möglichkeit geben, einen Eindruck von dem Campingplatz zu bekommen und welche Preisstrukturen er erwarten kann.

Die „Soft Skills“ werden häufig durch die Online-Bewertungen dargestellt. Wie freundlich sind die Mitarbeiter, wie empfindet der Gast das Ambiente am Platz usw.

In Nordrhein-Westfalen werden aktuell die Plätze erneut klassifiziert. Knapp 40 Betriebe stellen sich der Zertifizierungskommission und lassen ihre Betriebe prüfen.

Die Betriebe in NRW punkten vor allem beim Thema Naherholung. 

Leo Ingenlath
Vorsitzender BVCD NRW

Aktuell erleben wir einen Camping-Boom. Wie sehen Sie die Plätze in NRW für die kommenden zehn Jahre aufgestellt? Wo gibt es vielleicht auch Handlungsbedarf?

Die Betriebe in NRW punkten vor allem beim Thema Naherholung. Anders als die oben genannten Betriebe an der Küste oder in den Bergen kommen in NRW die Gäste auch gerne für ein Wochenende oder ein paar Tage unter der Woche vorbei. Wir haben unseren eigenen Quellmarkt direkt vor der Haustüre und können so die Campingsaison deutlich besser ausschöpfen. Unsere Gäste kommen im März zum „ancampen“, verbringen Teile der Ferien und Feiertage bei uns und bei gutem Wetter wird das „abcampen” im Oktober ebenfalls im eigenen Bundesland unternommen. Die richtig eingefleischten Camper fahren dann auch im Winter raus und suchen die Ruhe auf den Plätzen.

Als Handlungsempfehlung für unsere Betriebe in NRW geben wir immer mit, dass die Qualität mindestens gehalten oder sogar gesteigert werden kann. Bei Fachtagungen im Winter tauschen wir Unternehmer uns über neue Techniken und mögliche Anpassungen aus, um dann zur nächsten Saison wieder etwas Neues oder Verbessertes anbieten zu können. Diese Netzwerke führen ebenfalls zur Steigerung des gesamten Campingangebotes in NRW und somit auch zur Qualitätssteigerung des Urlaubes in Nordrhein-Westfalen.

Interview