Auf dem Weg zum klimaneutralen Messestandort: Was nordrhein-westfälische Messen tun

Aufwändige Standbauten, viele Anreisende oder hoher Energieverbrauch: Messen stehen vor großen Herausforderungen, wenn es um das Thema Nachhaltigkeit geht. Doch in den vergangenen Jahren hat sich bereits viel getan, wie ein Blick auf die Messen in Düsseldorf und Essen zeigt.

Energiemanagement ist bei Messen groẞes Thema

Photovoltaik-Anlage auf dem Dach der Messe Essen
© Messe Essen GmbH

„Unser Ziel ist es, bis 2030 ein klimaneutraler Messestandort zu sein“, sagt Daniela Mühlen, Unternehmenssprecherin der Messe Essen. Dafür hat das Unternehmen einen dreistufigen Plan entwickelt. „Aktuell befinden wir uns in der zweiten Stufe, die sich vorrangig dem Thema Energiegewinnung widmet“, erläutert Mühlen. Eine derzeit laufende Machbarkeitsstudie soll Aufschluss über die baulichen, rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen geben und die Umsetzbarkeit von Maßnahmen zur nachhaltigen Energiegewinnung beispielsweise durch den Ausbau der bereits vorhandenen Photovoltaikflächen analysieren. „Sobald uns die Ergebnisse vorliegen, gehen wir in die entsprechende Umsetzung“, kündigt die Unternehmenssprecherin an. Zugleich würden derzeit die Beschaffungs- und Ausschreibungskriterien für Produkte und Dienstleistungen um Nachhaltigkeitsaspekte erweitert. 

Auch die Messe Düsseldorf ist bereits fortgeschritten auf ihrem Weg zu mehr Nachhaltigkeit. „Aktuell stehen wir etwa in der Mitte unseres Strategieprozesses“, sagt Andrea Eppert, die seit dem Frühjahr 2022 die neu geschaffene Stabsstelle für Corporate Social Responsibility (CSR) leitet. Diesen abzuschließen, habe oberste Priorität. Operativ setzen die Rheinländer derzeit vor allem an zwei Stellschrauben an: So sollen die auf den Messen vertretenen Branchen bei ihren Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit bestmöglich unterstützt werden, etwa durch den weiteren Ausbau von entsprechenden Sonderschauen oder Vorträgen. Zugleich arbeitet die Messe daran, die eigenen Emissionen und Umweltauswirkungen zu verringern.

Wir wollen sowohl unseren Fußabdruck verringern als auch unseren Handabdruck vergrößern.

Andrea Eppert
Leiterin Stabsstelle Corporate Social Responsability Messe Düsseldorf

Das Ziel ist dabei eindeutig: „Wir wollen sowohl unseren Fußabdruck verringern als auch unseren Handabdruck vergrößern“, sagt Eppert. Will heißen: CO₂-Emissionen und andere Umweltbelastungen sollen reduziert, positive Auswirkungen des eigenen Handels verstärkt werden. Durch die Einführung eines strategischen Energiemanagements vor neun Jahren realisiert die Messe inzwischen jährliche CO₂-Einsparungen zwischen 4.200 und 5.000 Tonnen. Das entspricht etwa 20 Prozent des früheren Ausstoßes. Einen großen zusätzlichen Effekt habe die Umstellung auf Ökostrom gebracht, sagt Eppert.

Auch die Messe Essen setzt beim Thema Energie an und baut dabei auf technische Unterstützung, eingebaut während der 2019 abgeschlossenen Modernisierungsarbeiten. „Das hat uns auf dem Weg zu einem nachhaltigen Messestandort ein sehr großes Stück vorangebracht“, sagt Mühlen. So sei in den Hallen seitdem etwa modernste Klima- und Lüftungstechnik in Betrieb: Hochsensible CO₂-Fühler messen beispielsweise die Kohlendioxid-Konzentration in der Luft und regulieren so die erforderliche Frischluftzufuhr. Bei nachweislich guter Luftqualität wird die Frischluftzufuhr temporär reduziert und so Strom eingespart.

Ebenfalls positiv auf den Stromverbrauch ausgewirkt hat sich Mühlens Worten zufolge die Umstellung auf energieeffiziente LED-Leuchten auf dem Messegelände. Und auch in puncto Wärmeversorgung habe sich in der Messe Essen bereits viel getan: „Die Wärmepumpen auf der neuen Halle 6 werden mit Strom betrieben, den unser eigenes Blockheizkraftwerk erzeugt. Und das sozusagen nebenbei, denn das Kraftwerk im Untergeschoss produziert in erster Linie Wärme. Die so entstehende ‚Energie im Doppelpack‘ stellt die Wärmeversorgung im gesamten östlichen Gelände sicher“, erläutert die Unternehmenssprecherin. Hinzukommen weitere Meilensteine auf dem Weg zu einem klimaneutralen Messestandort, angefangen beim Angebot eines regionalen Bio-Caterings über die Einführung eines intelligenten Wassermanagements mit Wasserspar-Spülern und selbstabschaltenden Waschbeckenarmaturen und die Sammlung von Regenwasser bis zur Installation einer E-Lade-Infrastruktur.

Stichwort E-Lade-Infrastruktur: Die Mobilität der Messeteilnehmenden verursacht aktuell den mit Abstand größten Anteil an den CO₂-Emissionen einer Messe. Zu beeinflussen ist dieser Faktor von den Messegesellschaften nur in sehr begrenztem Maße. Ähnlich sieht es bei der Logistik aus. Umso wichtiger ist es den Messegesellschaften daher, an den wenigen Stellschrauben, die beeinflusst werden können, zu drehen und sich ansonsten auf die Bereiche zu konzentrieren, in denen signifikante Verbesserungen möglich sind, etwa beim eigenen schonenden Umgang mit Ressourcen oder dem Schließen von Kreisläufen beim Standbau.

Unterstützung der Aussteller beim Thema Nachhaltigkeit

Sonderstand zum Thema nachhaltige Messeteilnahme bei der Euroshop 2023 in Düsseldorf
© Messe Düsseldorf/Constanze Tillmann

Auch auf die Beratung von ausstellenden Unternehmen in Bezug auf nachhaltigere Messeauftritte setzen die Messegesellschaften in Essen und Düsseldorf. „Wir gehen zu einem sehr frühen Zeitpunkt der Messevorbereitung auf unsere Aussteller zu und beraten sie aktiv rund um eine ressourcenschonende Messeteilnahme“, berichtet etwa Mühlen. Ebenso wie die Messe Düsseldorf haben die Essener zudem Leitfäden entwickelt, um ihre Aussteller bei der nachhaltigen Gestaltung ihrer Aufritte zu unterstützen. „Wichtig ist uns immer der Hinweis, dass jeder Schritt zählt“, betont Eppert. Zentral sei zudem, voneinander zu lernen: „Wir haben im Expo-Bereich der EuroShop zum Beispiel nachhaltig realisierte Messestände gekennzeichnet und als Praxisbeispiele vorgestellt. Außerdem haben wir selbst einen Infostand zum Thema gebaut, der auch entsprechend realisiert war“, sagt die CSR-Leiterin der Messe Düsseldorf.

Für Eppert haben die Messen einen großen Einfluss: „Ich bin davon überzeugt, dass Messen viel zur Transformation der Wirtschaft beitragen und so eine Schlüsselrolle spielen können“, erklärt sie. Schließlich seien sie Multiplikatoren mit enormer Reichweite und zugleich Plattformen, die Wissenschaft und Industrie zusammenbringen und Innovationen den Weg in den Markt ebnen. Innovationen, die in vielen Fällen zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.  

In Bewerbungsgespräch spüren wir deutlich, dass die Erwartungen an das Bekenntnis des Arbeitgebers zu nachhaltigem Handeln immer größer werden.

Daniela Mühlen
Unternehmenssprecherin Messe Essen

Nachhaltigkeit als Faktor bei der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden

Um die großen Aufgaben auf dem Weg zu einer klimaneutralen Messe angehen zu können, braucht es große und starke Teams. Auch hier spielt das Thema Nachhaltigkeit inzwischen eine wichtige Rolle für die Messen in Düsseldorf und Essen. „In Bewerbungsgespräch spüren wir deutlich, dass die Erwartungen an das Bekenntnis des Arbeitgebers zu nachhaltigem Handeln immer größer werden“, berichtet etwa Mühlen. Dazu zähle neben Umweltschutzaspekten vor allem die soziale Nachhaltigkeit. Beide Messegesellschaften haben daher eine Vielzahl von Maßnahmen etabliert, die direkt auf die Findung und Bindung von Mitarbeitenden einzahlen, von einer betrieblichen Altersvorsorge und einer privaten Krankenzusatzversicherung über mobiles Arbeiten und attraktive Angebote für Radfahrende bis zu vergünstigten Eintrittspreisen für Freizeitaktivitäten.

Empfehlungen für Unternehmen auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit

Anderen Unternehmen, die erst in das Thema Nachhaltigkeit einsteigen wollen, empfehlen die beiden Messe-Expertinnen, zunächst eine Bestandsaufnahme zu machen. „Oft ist schon mehr vorhanden, als man denkt“, sagt Eppert. Im nächsten Schritt sollte dann eine Wesentlichkeitsbewertung erfolgen, also eine Prüfung, welche Aspekte des breiten Nachhaltigkeitsfeldes für das eigene Unternehmen relevant sind. Danach könne man damit anfangen, die Themen mit dem größten Hebel zu bearbeiten. „Gleichzeitig sollte man aber auch nicht vergessen, dass es auch kleinere, sichtbare Maßnahmen braucht, um das Thema greifbar zu machen und die Belegschaft mitzunehmen“, betont Eppert.  

Wichtig für den nachhaltigen Umbau im eigenen Unternehmen sei es zudem, Verantwortliche zu benennen, die das Thema im Haus bündeln und den Transformationsprozess federführend vorantreiben sollten, ergänzt Mühlen. „Und die Suche nach Wegbegleitern: Kann man sich mit Partnern aus derselben Branche vernetzten, Aufgaben verteilen und gemeinsam mehr erreichen?“, erläutert die Essener Unternehmenssprecherin.

Die Messen Düsseldorf und Essen sind diese Schritte bereits gegangen. Die nächsten Schritte sollen schon bald folgen.

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