Wie sich Das Bergische im Wettbewerb behaupten will

Gabi Wilhelm ist seit Anfang 2023 Geschäftsführerin der Naturarena Bergisches Land. Im Interview spricht sie über erlebnisreiche Produkte, Maßnahmen, um dem Klimawandel zu begegnen, und ungehobene Potenziale in der Region.

Gabi Wilhelm, Geschäftsführerin Naturarena Bergisches Land GmbH
© Das Bergische

Frau Wilhelm, Sie leiten nun seit fast einem halben Jahr die Naturarena Bergisches Land. Wie haben Sie Ihre ersten Monate erlebt?

Ganz unvorbereitet habe ich die Geschäftsführung nicht übernommen. Durch meine langjährige Arbeit als Fachreferentin für Tourismus beim Rheinisch-Bergischen Kreis, einem der Gesellschafter der Naturarena Bergisches Land, hatte ich schon vorher gute Einblicke in die touristischen Aktivitäten. Die touristischen Entwicklungen seit Gründung der Gesellschaft im Jahre 2005 unter dem Firmennamen „Naturarena Bergisches Land GmbH“ mit begleiten zu dürfen, war mir stets eine Herzensangelegenheit. Und ich habe ein sehr fachkundiges und ambitioniertes Team vorgefunden, das ist für mich die halbe Miete gewesen.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den Tourismus in Ihrer Region beziehungsweise für Ihre Arbeit?

Die größte Herausforderung ist sicherlich, dass wir das Profil unserer wunderbaren Region mit der Marke „Das Bergische“ schärfen. Denn der Titel „Naturarena“ ist tatsächlich nur noch der Firmenname als ein Eintrag im Handelsregister. Es wird uns darum gehen, der Region und der Gesellschaft „Das Bergische“ eine deutliche Wahrnehmung zu geben. Mit dem Markenprodukt „Bergisches Wanderland“ sind wir als damals noch junge Tourismusregion bereits vor zehn Jahren aus den Kinderschuhen rausgewachsen. Das war ein echter Quantensprung mit der Etablierung von gleich zwei Qualitätsfernwanderwegen „Wanderbares Deutschland“ und 24 attraktiven Themenwegen, unseren Bergischen Streifzügen. Das Ziel, eine noch größere Sichtbarkeit zu schaffen, werden wir erreichen, indem wir permanent Entwicklungschancen nutzen, die uns unter anderem gerade für aktuelle Projekte wie das von der EU und dem Land NRW geförderte Digitalisierungsprojekt „REACT“ geboten wurden. 

Das Ziel, eine noch größere Sichtbarkeit zu schaffen, werden wir erreichen, indem wir permanent Entwicklungschancen nutzen.

Gabi Wilhelm,
Geschäftsführerin Naturarena Bergisches Land GmbH

Aus solchen Projekten entstandenes Material, wie Bilder und Filme oder auch wichtige Erkenntnisse, die wir aus einer umfangeichen Marktforschungsanalyse gezogen haben, müssen wir auch über die Projektzeit hinaus gezielt und nachhaltig nutzen und an die Menschen bringen. Wir brauchen aber auch zusätzliche erlebnisreiche Produkte, die wir unseren Gästen und den Menschen in der Region anbieten können. Zu den neuen Attraktoren gehören zum Beispiel die Rätseltouren als Outdoor-Escape-Erlebnisse, die wir zurzeit auf den Bergischen Streifzügen entwickeln. Nach dem Start auf dem Bergbauweg in Rösrath mit dem „Fluch vom Lüderich“ soll daraus eine ganze Serie entstehen. Die nächste Rätseltour ist schon auf der Zielgeraden. Es wird eine barrierefreie und zugleich auch besonders familienfreundliche, spannende Rätseltour werden. Auch die Nachrüstung des Bergischen Streifzugs Bierweg in Wiehl mit den „Hopfenhöhlen“ ist eine geniale Idee gewesen und kommt super an bei den Wandernden. Besonders stolz sind wir auch auf unsere Erlebnisapp, die auf dem gleichen technischen System wie der „Digitale Reiseführer für NRW“ basiert und über diesen von Tourismus NRW auch mit vermarktet wird. Mit dem mobilen Reiseführer für die Hosentasche können Nutzer sich standartbezogen alles für den abwechslungsreichen Aufenthalt in unserer Region anzeigen lassen kann.

Die Naturarena setzt insbesondere auf das Thema Wandern, das inzwischen viele Regionen für sich entdeckt haben. Wie wollen Sie es schaffen, dass das Bergische Land sich hier behaupten kann? Und gibt es aus Ihrer Sicht noch ungehobene Potenziale für den Wandertourismus in der Region?

Ja, mit dem Bergischen Wanderland und seinem hohen Qualitätsanspruch sind wir vor zehn Jahren quasi über Nacht in die Wanderbundesliga der Wanderregionen Deutschlands aufgestiegen. Das Niveau zu halten ist schon alleine eine Herausforderung. Das konnte und kann nur gelingen mit einem professionellen Wegemanagement. Das wurde in der Region schon vor vielen Jahren eingerichtet und besteht aus einem Netzwerk zahlreicher engagierte Akteure und einem Wegemanager an der Spitze. Und natürlich muss das Wanderland mit umfangreichen Marketingaktivitäten ständig ins Blickfeld der Menschen gerückt werden. Aufmerksamkeit auf unsere Wanderregion zu lenken, lohnt sich definitiv. Man sieht es an den vielen Wanderern und Buchungsanfragen, zum Beispiel auch für geführte Gästewanderungen. Aber Sie haben recht, man sollte sich nicht ausruhen im Wettbewerb mit anderen Wanderregionen. Deshalb haben wir uns zum Ziel gesetzt, den nächsten Schritt zu wagen, das Wanderpotenzial weiter auszuschöpfen und zu einer “Qualitätswanderregion Wanderbares Deutschland“ aufzusteigen.

Sehen Sie darüber hinaus auch noch in anderen Bereichen Potenziale im Bergischen Land, die zu heben sind?

Ja, auf alle Fälle. Nach dem Wandern kommt sofort das Radfahren. Das Bergische ist jetzt schon eine begehrte Region für Radfahrbegeisterte, vor allem für sportlich Aktive. Und die zu Radwegen ausgebauten ehemaligen Bahntrassen sind auch für ungeübte Radler interessant. Das E-Bike hingegen macht die Berge flach, deshalb sind sehr viele E-Bike-Fahrende bei uns unterwegs. Auch das Thema Gesundheitstourismus ist ausbaufähig. Hier versprechen wir uns über die REGIONALE 2025 einige infrastrukturelle Verbesserungen in den Kommunen, die schon immer für das Thema Gesundheit prädestiniert waren. Dazu gehört die Schaffung von Angeboten, die insbesondere von präventiver Natur sind und den Freizeit- und Naherholungswert im Bergischen sowohl für die Menschen, die hier leben, als auch für Gäste steigern werden. Und natürlich ist die Digitalisierung ein gigantisches Thema, womit wir uns viel befassen und worein wir auch investieren müssen, um bei den rasanten und schnelllebigen Prozessen mitzuhalten.

Der Klimawandel ist für sicherlich alle Destinationen inzwischen ein großes Thema, gerade auch, wenn sie von einer intakten Natur leben. Wie gehen Sie mit dem Thema um?

Naturverträglicher Tourismus und Nachhaltigkeit vor dem Hintergrund der Klimaschutzziele ist unumgänglich. Deshalb müssen wir bei all unseren Plänen und Maßnahmen das Interesse einer nachhaltigen Zukunft verfolgen. Wir werden zum Beispiel bei neuen Wanderwegen und Radwegen auf eine klimaangepasste und wohl gelenkte Gestaltung achten, um auch Ressourcen zu schonen. Wir haben bereits einige nachhaltige Mobilitätsangebote, wie den Bergischen Wanderbus und den Bergischen Fahrradbus oder Wanderbahnhöfe. Das sind intelligente Lösungen, mit denen wir für mehr Umweltbewusstsein werben, damit Gäste auf andere Mobilitätsträger als den PKW umsteigen. Das Deutschland-Ticket ist hier ebenfalls ein wichtiges Angebot. In diesem Zusammenhang spielt natürlich immer wieder Besucherlenkung eine wichtige Rolle, sowohl digital als auch analog. Und wir sind gerade dabei, uns verstärkt dem Thema regionale Produkte zu widmen und werden dazu demnächst auch eine Kulinarik-Broschüre herausgeben. Wir tun unser Möglichstes dafür, unseren Beitrag zu einem natur- und klimasensiblen Lebens- und Reiseverhalten der Menschen zu leisten. Wo sich die Folgen des Klimawandels nicht mehr zurückdrehen lassen, versuchen wir, diese auch als Chance zu begreifen, vor allem als Region, die für den Outdoortourismus prädestiniert ist. Denn die Klimaveränderungen führen eindeutig zu Saisonverlängerungen für den Wander- und Radtourismus.

Ein Mann schaukelt an einem Seil über der Aggertalsperre im Bergischen Land.
© Leo Thomas

Wenn wir einmal in die Zukunft schauen: Wie sieht Ihre Vision für den Tourismus im Bergischen Land in zehn oder auch in zwanzig Jahren aus?

Die zahlreichen Talsperren ziehen mit außergewöhnlichen Erholungs- und Erlebnisangeboten immer mehr Gäste in die Region „Das Bergische“. Die einheimischen Bewohnerinnen und Bewohner schwärmen von ihrer Heimatregion und haben sich zu wahren Tourismus-Botschaftern für Gäste entwickelt. Mit einmaligen Panorama-Ausblicken ist Das Bergische als naturnahes Wander- und Fahrradparadies bis in die angrenzenden Metropolen Rhein und Ruhr und darüber hinaus deutschlandweit bekannt. Das Bergische ist ein attraktiver Freizeit- und Lebensraum für die Menschen, die hier wohnen und arbeiten, und diejenigen, die Tagesausflüge sowie auch mehrere Tage Urlaub verbringen wollen. Mit einer guten Besucherlenkung und flexiblen, klimaschonenden Anreisemöglichkeiten schaffen wir zugleich eine gleichmäßige Verteilung der Besucher ohne Ballung an einzelnen Hotspots. Das partnerschaftliche Miteinander, vor allem auch mit privaten Akteuren, die den Tourismus als Gemeinschaftsaufgabe verstehen und die Investition in neue und in den Erhalt der attraktiven Freizeit- und Erholungsqualität als selbstverständlich betrachten, ist deutlich gestiegen. Die Akteure aus Tourismus, Gastronomie, Kunst und Kultur, Land- und Forstwirtschaft, Handwerk und Naturschutz tauschen sich regelmäßig aus und schaffen gemeinsam neue, typisch bergische Tourismus- und Kulturangebote. Das Bergische ist eine Region für jede Zielgruppe und geht auch auf individuelle Wünsche und Verhaltensweisen der Gäste ein. Es gibt attraktive Pauschalen, die bequem buchbar sind und sich durch eine gehobene Qualität und guten Service auszeichnen. Das Bergische ist „das Tourismusportal“ im Naturpark Bergisches Land, das alle Angebote übersichtlich erfasst und vermarktet. Die Gäste und Menschen im Bergischen können sich über die neuen digitalen Medien wie Apps modern und umfassend über die Region informieren und werden auch digital mit hohem Service gelenkt. Durch die beliebte Bergische Mobilitäts-Karte mit verbesserten ÖPNV-Angeboten und die Landschaft der E-Mobilitäts- und Verleihstrukturen sind alle touristischen Highlights und Orte auch ohne eigenes Auto gut erreichbar. Das bergische Kultur-Festival und zahlreiche Events, die dem Bergischen eine hohe Identität geben, locken zahlreiche Gäste an. Regionaltypische Produkte tragen zu kulinarischen Genüssen bei. Bergische Tellergerichte mit Zutaten aus der Region sind aus der Gastronomie nicht mehr wegzudenken. Das Wasser, die Natur und die bergische Gastlichkeit mit Kaffeetafel und Dröppelminna sind wahre Sinnbilder für Urlaub im Bergischen.

Der weitere Aufstieg in die Liga der 'Wanderregionen Deutschlands' ist eine Mammutaufgabe in der nächsten Zeit.

Gabi Wilhelm,
Geschäftsführerin Naturarena Bergisches Land GmbH

Wo möchten Sie in den kommenden Jahren konkret ansetzen, um diese Vision zu erreichen?

Nun, wir werden nicht aufhören, unsere Angebotspalette mit Produkten und Pauschalen zu erweitern, um unseren Zielgruppen einen hohen Service und qualitativ hochwertige Wander-, Fahrrad- und auch weitere Freizeiterlebnisse zu bieten. Der weitere Aufstieg in die Liga der „Wanderregionen Deutschlands“ ist sicherlich eine Mammutaufgabe in der nächsten Zeit. Die Zusammenarbeit mit den Kreisen und Kommunen als auch mit den Leistungsträgern muss verstärkt angegangen werden. Auch werden wir viele private Partner mit ins Boot nehmen, um sie für die gemeinsame Gestaltung der Zukunft der Region „Das Bergische“ zu gewinnen. Und vor allem soll im Ergebnis unserer Aktivitäten herauskommen, dass die Tourismuswirtschaft davon profitiert und Das Bergische an Wirtschaftskraft gewinnt.

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