Wie sehen attraktive städte in zukunft aus?

Ein ganzheitliches Destinationsmarketing ist aus dem Alltag von Tourismusorganisationen nicht mehr wegzudenken. Denn eine Stadt strahlt nicht mehr nur allein durch ihre altbekannten Landmarken Attraktivität aus. Eine neue Generation an potenziellen Gästen – nicht nur aus demographischer Sicht – lässt sich mittlerweile eher von individuellen Erlebnissen und kreativen Quartieren überzeugen. Sie möchte teilhaben, aktiv mitwirken und inspiriert werden. Das Projekt „FLOW.NRW – Integriertes Tourismus- und Standortmarketing für die kreative und digitale Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen“ beweist gemeinsam mit Akteur:innen aus der Tourismus-, Kreativ- und Digitalwirtschaft, warum es sich perspektivisch lohnt, das klassische Tourismusmarketing weiterzudenken.

Der Raum „Stadt“ ist unendlich facettenreich. Menschen mit unterschiedlichen Interessen, Lebensstilen und Hintergründen wie Zukunftsplänen treffen aufeinander und beeinflussen sich gegenseitig in positiver Weise. Der Wunsch nach Individualität und einzigartigen Erfahrungen wächst. Dadurch lässt sich auch eine veränderte Erwartungshaltung an touristische Aufenthalte in der Stadt beobachten. „Wir können unsere Städte nicht mehr nur als touristische Destinationen kommunizieren und vermarkten“, sagt Bernadette Spinnen, Leiterin Münster Marketing und Vorsitzende der Bundesvereinigung City- und Stadtmarketing, und ergänzt: „Attraktiv ist eine Stadt als komplettes Ökosystem mit allen Facetten des städtischen Lebens – dazu gehören Kultur- und Freizeitmöglichkeiten genauso wie zum Beispiel Nachhaltigkeits- und Inklusionskompetenz. Eine Stadt, die mich als Besucherin so tief in sich einlässt, dass ich eine besondere Stadt-Erfahrung machen kann, hat eine gute Stadt-Erzählung – und das ist letztlich in der Beziehung zu unseren Gästen das Wichtigste.“

Attraktiv ist eine Stadt als komplettes Ökosystem mit allen Facetten des städtischen Lebens.

Die Vielschichtigkeit einer Stadt birgt immenses Potenzial, um neue Dimensionen für den Tourismus zu erschließen und somit einzigartige Stadt-Erfahrungen zu gestalten. Die Verknüpfung von Branchen kann so zum Beispiel innovative Aktionen und Ereignisse hervorrufen. Bei der weltweit ersten Biennale für Augmented-Reality-Kunst, die von August 2021 bis Ende Februar 2022 in der Metropolregion zwischen Rhein und Ruhr stattfand, erfuhr beispielsweise zeitgenössische Kunst eine digitale Erweiterung. Durch die Ausdehnung des künstlerischen Raumes entstand eine neue Erlebniswelt für Bewohn:innen und Besucher:innen der Stadt. Alain Bieber ist Künstlerischer Leiter des NRW-Forums in Düsseldorf und hat die AR-Biennale kuratiert. Zum Hintergrund der Veranstaltung erklärt er: „Mit der AR-Biennale werden digitale Kunstwerke in unsere direkte Umgebung visuell eingefügt. So wird uns ein ganz neuer Zugang zu einem bekannten Ort ermöglicht. Dadurch wird dieser Ort erweitert und museale Kunst aus den Häusern in den urbanen Raum geholt.“

Der touristische Effekt dieser Symbiose bleibt bis heute groß. Kunst- und Museumsbegeisterte ebenso wie Tech- und Digitalisierungsinteressierte fühlten sich gleichermaßen angezogen. Der offene Zugang zu den Kunstwerken unter freiem Himmel, noch dazu mit dem eigenen Endgerät, ermöglichte eine in heutigen Zeiten nicht zu vernachlässigende pandemiegerechte Erfahrung. Auch nahmen Personen teil, die vielleicht eher zufällig an den ausgestellten Metallschildern vorbeigekommen und ihrer Neugier gefolgt sind. Veranstaltungen und Projekte wie diese werden auch in Zukunft zu wichtigen Aushängeschildern für attraktive Städte.

Stadträume neu denken

Transformation ist ein weiterer Ansatz, um einer Stadt zu noch mehr Glanz zu verhelfen. Unter Einbezug verschiedener Interessensgruppen ermöglichte beispielsweise das Festival Transurban im Sommer 2021 die Neugestaltung bestehender, teils ungenutzter Stadträume. Um neue Impulse zu setzen, wurde vor allem auf urbane Kunst gesetzt. „Im Rahmen von Transurban haben wir mit Mitteln der Kunst einen Diskurs zur Zukunft der Stadt geschaffen, den alle mitbestimmen können“, so Georg Barringhaus, Künstlerischer Leiter des Festivals. Dadurch wurde eine partizipative Atmosphäre unter üblicherweise sehr diversen Meinungsgruppen hervorgebracht: „Wir nutzen das Engagement und die Ideen von Gästen und Einheimischen, Entscheidungstragenden und Künstler:innen, um einen gemeinschaftlich geplanten, gestalteten und genutzten Raum zu schaffen.“ Mit dem offenen Austausch zwischen verschiedenen Akteur:innen entstanden reizvolle Orte der Begegnung im Stadtraum, die zuvor nicht denkbar gewesen wären. Der Tourismus kann ein Bindeglied sein, um solch unterschiedliche Interessen zusammenzuführen. Aus einem kurzen wirksamen Austausch wird eine wohlwollende und langlebige Verknüpfung mit diesem urbanen Raum: Ein Katalysator für zukünftige Reisen oder ein Längerbleiben. 

Ein nachhaltiges Netzwerk, das gemeinsame Interessen bereits ausgelotet hat, begünstigt Transformationen von urbanen Räumen. Gleichzeitig kann die Vernetzung unterschiedlicher Bereiche aber auch der Ursprung für ganz neue Projekte sein, die auf die touristische Anziehungskraft eines Ortes einzahlen. Mit dem interdisziplinären Festival „Strike a pose“ wurde im Juli 2021 erstmals eine Plattform für die Zusammenarbeit von Kunst, Mode und Style geschaffen. Daraus entstanden sind gleich aus mehreren Aspekten gewinnbringende Kooperationen. Die Organisatorin Ljiljana Radlovic resümiert: „‚Strike a pose’ hat einen offiziellen und attraktiven Rahmen geschaffen, um das Netzwerk von Kunst, Mode und Design zu intensivieren und auszubreiten. Aus den interdisziplinären Projekten sind längerfristige und nachhaltige Kooperationen entstanden. Diese sorgen für Sichtbarkeit und bieten einen fruchtbaren Boden für neue Ideen und kreatives Gründertum.“ Die einzelnen Branchen vernetzen sich so immer stärker und bringen dem Tourismus sowie einander sichtlichen Mehrwert.

Im Co-Working-Space Wertheim in Köln arbeiten zwei Frauen an Laptops an zwei Tischen.
© Tourismus NRW e.V. / Johannes Höhn

Auch Arbeitswelt in der Destinationsentwicklung mitdenken

Doch nicht nur Branchen rücken näher zusammen, sondern auch Arbeits- und Freizeitwelt. „Work-Life-Blending“ oder „Workation“ sind in aller Munde. Nicht zuletzt die Corona-Pandemie verstärkt den Wunsch, nicht mehr nur an einen etablierten Arbeitsplatz gebunden zu sein, sondern an ganz unterschiedlichen attraktiven und animierenden Orten zu leben und zu arbeiten. 

Die Start-up-Kultur gilt oft als exemplarisch, wie die Arbeitswelt der Zukunft funktionieren kann. Eine Stadt, in der viele Start-ups zuhause sind, wirkt auf viele entsprechend attraktiv. Sabine Rottmann, Projektmanagerin beim ruhrHUB, erklärt: „Je mehr Start-ups sich an einem Ort ansiedeln, desto mehr lässt das auf einen innovativen Standort mit Strahlkraft schließen. Dadurch folgen immer weitere Gründer:innen, die hier Fuß fassen wollen, und es entsteht eine innovative Atmosphäre, ein kreatives Quartier mit Pioniergeist.“ Co-Working-Spaces und eine gut ausgebaute Infrastruktur – aus sozialer, technischer wie digitaler Sicht – schaffen eine neue Umgebung, die sowohl als Arbeitsplatz als auch als Lebensraum beliebt ist. 

Ein ganzheitliches Destinationsmanagement kann dabei helfen, diverse Wirkungsfelder des Tourismus miteinander zu verknüpfen und zu erweitern, um ein umfangreiches Ökosystem der Gastlichkeit zu entwickeln. Dies stand auch im Fokus des Fachkongresses „Standort:Stadt:Destination“, den FLOW.NRW in inhaltlicher Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität Ingolstadt-Eichstätt im Juli 2021 organisiert hat und zu dem im Frühjahr 2022 der Tagungsband erscheint. Es zeigte sich auch hier: Der Aus[1]tausch und die Zusammenarbeit mit den Akteur:innen diverser Branchen hilft, künftige Gäste auf sich aufmerksam zu machen und zu überzeugen. Denn ein touristischer Besuch kann ein erster Kontakt sein, um die hohe, reizvolle Lebensqualität von Städten kennenzulernen. FLOW.NRW unterstützt deshalb Projekte und Veranstaltungen, die dabei helfen, Städte in Nordrhein-Westfalen heute wie morgen attraktiv zu gestalten.

Je mehr Start-ups sich an einem Ort ansiedeln, desto mehr lässt das auf einen innovativen Standort mit Strahlkraft schließen. 

Sabine Rottmann

Ein ganzheitliches Destinationsmanagement kann dabei helfen, diverse Wirkungsfelder des Tourismus miteinander zu verknüpfen und zu erweitern, um ein umfangreiches Ökosystem der Gastlichkeit zu entwickeln. Dies stand auch im Fokus des Fachkongresses „Standort:Stadt:Destination“, den FLOW.NRW in inhaltlicher Zusammenarbeit mit der Katholischen Universität Ingolstadt-Eichstätt im Juli 2021 organisiert hat und zu dem im Frühjahr 2022 der Tagungsband erscheint. Es zeigte sich auch hier: Der Austausch und die Zusammenarbeit mit den Akteur:innen diverser Branchen hilft, künftige Gäste auf sich aufmerksam zu machen und zu überzeugen. Denn ein touristischer Besuch kann ein erster Kontakt sein, um die hohe, reizvolle Lebensqualität von Städten kennenzulernen. FLOW.NRW unterstützt deshalb Projekte und Veranstaltungen, die dabei helfen, Städte in Nordrhein-Westfalen heute wie morgen attraktiv zu gestalten.

 

Hinweis: Der Artikel erschien ursprünglich im Jahresbericht 2021 von Tourismus NRW.

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