Arbeits- und Fachkräftemangel im Tourismus: Betriebe entwickeln eigene Ideen

Neben den steigenden Energiekosten stellt der Arbeits- und Fachkräftemangel aktuell eine der größten Herausforderungen im Hotel- und Gastgewerbe sowie im gesamten Tourismus dar. Allein im Gastgewerbe verließen im vergangenen Jahr bundesweit 215.000 Fachkräfte die Branche und wechselten beispielsweise in den Verkauf oder die Logistik. Viele Unternehmen reagieren und suchen neue Wege, um Mitarbeitende zu halten und neue zu gewinnen. Die Palette reicht von der Vier-Tage-Woche über eine Gewinnbeteiligung bis zum Sponsoring von Tattoos.

Einer Onlinebefragung des Kompetenzzentrums Tourismus des Bundes zufolge besteht der größte Engpass derzeit bei Personal mit Berufsausbildung (71 Prozent), gefolgt von Personal ohne Berufsausbildung (45 Prozent). Hat die Süddeutsche Zeitung also recht, wenn sie titelt: „Niemand will mehr dort arbeiten, wo andere Urlaub machen“?

Ansprüche haben sich gewandelt

Zwar hat das Kabinett gerade erst eine Fachkräftestrategie beschlossen, die  unter anderem die gezielte Weiterbildung sowie eine „moderne Einwanderungspolitik“ vorsieht. Viele touristische Betriebe entwickeln aber auch eigene Ideen, um ihre Zukunft zu sichern.  Besonderes Augenmerk richten sie dabei laut einer Umfrage der Tourismusberatung dwif darauf, ihre Mitarbeitenden zu halten. Denn auch im Hotel- und Gastgewerbe haben sich Studien zufolge die Ansprüche der Mitarbeitenden in den letzten Jahren gewandelt. Ein attraktives Arbeitsumfeld ist mindestens ebenso wichtig wie eine angemessene Bezahlung, Wertschätzung und Wir-Gefühl. Die Ansprache potenzieller Bewerber verlagert sich mehr und mehr in die Sozialen Medien und auf eigens eingerichtete Jobportale wie "easyboarding", das der Deutsche Reiseverband (DRV) jetzt gestartet hat.

„Mitarbeiter finden und binden“ lautet etwa das ganzheitliche Konzept der Lindner Hotels AG mit Sitz in Düsseldorf, die bereits zum wiederholten Mal mit einem Hospitality HR Award ausgezeichnet wurde. Neben einem digitalen Talent Management investiert die Hotelgruppe insbesondere in die interne Kommunikation, um die Zufriedenheit der Mitarbeitenden zu fördern.  Ganz neu ist ein "Azubi Talent-Bootcamp" , das gemeinsam mit der Deutschen Hotelakademie entwickelt wurde.

Benefits für mitarbeitende

Ungewöhnliche Wege geht auch die Hotelkette Ruby. Nachdem sie im Juni bereits eine Recruiting-Kampagne gestartet hatte, in der sie Mitarbeitenden unter anderem die Kostenübernahme von Tattoos anbot, hat sie nun die 35-Stunden-Woche bei gleichem Gehalt (vorher: 40 Stunden) eingeführt und überdies angekündigt, die Mitarbeitenden ab 2023 am Gewinn zu beteiligen. Andere Häuser, wie beispielsweise das Landhotel Voshövel im niederrheinischen Schermbeck, bieten ihren Angestellten intern Rabatte oder aber die kostenlose Nutzung des hauseigenen Schwimmbads und Fitnessstudios. Zu derartigen Benefits, die helfen sollen, Mitarbeitende an das Unternehmen und die Region zu binden, gehören auch TeamCards, wie sie in diesem Frühsommer das Schmallenberger Sauerland und die Ferienregion Eslohe eingeführt haben. Mit der Karte bekommen Tourismus-Mitarbeitende  ermäßigte und/oder kostenlose Eintritte in Freizeiteinrichtungen der Region sowie Rabatte in anderen Gastro- und Hotelbetrieben.

Eine aufmerksamkeitsstarke Kampagne hat Düsseldorf Tourismus in diesem Sommer zusammen mit dem Dehoga Nordrhein und der Bundesagentur für Arbeit gestartet. Mit großformatigen, humorvollen Motiven aus bekannten Düsseldorfer Locations wie dem „Füchschen“ oder dem Steigenberger Parkhotel, die direkt mit der Jobplattform verbunden sind, wirbt die Stadt für offene Stellen im Gastgewerbe.

werben um den nachwuchs

Was die Gewinnung von Nachwuchskräften betrifft, setzt das Hotel Deimann im sauerländischen Schmallenberg auf fundierte Weiterbildung. Das Unternehmen hat ein umfangreiches Trainings- und Coaching-Programm gestartet, das das Fundament für die Etablierung einer eigenen Akademie bilden soll.  Ein Programm speziell zur Förderung von Auszubildenden mit Migrationsgeschichte hat die Deutschlandstiftung Integration (DSI) mit Unterstützung des Dehoga Bundesverbandes und Coca-Cola Europacific Partners aufgelegt. Es trägt den Titel „Ausbildung macht VIELfalt“.

Unterstützung bei der Besetzung von Ausbildungsstellen bekommen Hotels und Gaststätten auch vom Bundeswirtschaftsministerium. „Passgenaue Besetzung“ ist der Titel eines Förderprogramms, das sich speziell an kleine und mittelständische Unternehmen richtet. Parallel dazu gibt es sogenannte „Willkommenslotsen“, die bei der Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit unterstützen.

Aktuell ohnehin ein großes Thema innerhalb der Branche ist die Digitalisierung, die auch im Zusammenhang mit dem Arbeits- und Fachkräftemangel für Erleichterung sorgen kann. Denn die Optimierung interner Prozesse unter anderem durch den Einsatz digitaler Technologien spart Zeit ebenso wie Ressourcen und kann Mitarbeitende in den Betrieben entlasten. Das können ein Touchscreen oder der Roboter sein, der dem Gast beim Check-In hilft oder genauso gut ein intelligentes Gästeinformationssystem. Die Dehoga Digital Coaches unterstützen Betriebe in NRW dabei, den für sie passenden Weg einzuschlagen.

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